Mittwoch, 28. April 2010

Julius Cäsar

Kennen Sie Julius Cäsar? Die Geschichts-Bachelor werden nun sagen: „Kommt der nicht in den Asterix-Heftchen vor?“ Guuuut, wir haben die Person nun immerhin grob in einen historischen Kontext eingeordnet. Natürlich haben die Geschichts-Kollegen bereits in ihrer Einführungsvorlesung gelernt, wer Cäsar war. Aber hey – welcher Bachelor Student weiß bitte JETZT noch, was er im ersten Semester gelernt hat? Die Klausur ist doch längst rum.

Foto: euthman (CC-by-sa-2.0)
Dieser Gaius Iulius Caesar hatte es ziemlich drauf – klar, schließlich gab's damals ja auch noch kein Bachelor-Blitz-Studium. Caesar hat nämlich einen Kalender entwickelt, der unserem heutigen Kalender bis auf ein paar kleine Schwächen ziemlich ähnlich war. Unser heutiger Kalender stammt übrigens von Papst Gregor XIII. Aber das dürfte jetzt selbst für Geschichtsstudenten zu kompliziert werden – schließlich kommt der nicht in Asterix vor.

Auf jeden Fall haben beide Herren es geschafft, die Zeit, die die Erde braucht, um einmal die Sonne zu umkreisen, in einen Kalender zu packen. Unter anderem mit Tagen, die genau 24 Stunden zählen.
Was beide allerdings nicht wissen konnten ist, dass dieses System im Jahr 1999 nach Christus (über den gibt es übrigens eine Comicserie) auf eine harte Probe gestellt werden würde. Für den durchschnittlichen Bachelor-Studenten sind 24 Stunden am Tag nämlich schlicht und einfach zu wenig. Es wird sogar von Master-Studenten berichtet, die täglich mehr Texte zu lesen haben, als der Tag Stunden hat.

Klarer Fall von dumm gelaufen. Natürlich kann man den Stoff nicht kürzen, schließlich müssen sich die ECTS-Punkte ja verdient werden.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Ein ECTS-Punkt soll übrigens 30 Stunden Arbeit entsprechen. Der durchschnittliche Bachelor-Student bekommt im Semester so um die 30 ECTS-Punkte, arbeitet während der knapp dreimonatigen Vorlesungszeit – wenn man großzügigerweise sechs Stunden Schlaf pro Tag miteinberechnet – aber rund 1600 Stunden, was knapp 54 ECTS-Punkten entspricht. Würden die tatsächlich anerkannt, hätte man schon nach drei Semestern die erforderlichen 180 Punkte zusammen und könnte „Lebwohl“ sagen. Aber ein berufsqualifizierender Abschluss nach drei Semestern? Da kann man ja nur lachen.

Hat man vor 15 Jahren über sechs Semester übrigens auch.

Mittwoch, 21. April 2010

Mager-Models

Man braucht nur, natürlich rein zufällig, über den Panorama-Teil einer beliebigen Tageszeitung zu stolpern (was nicht besonders schwer fällt, denn schließlich dürfte das inzwischen in nahezu allen deutschen Tageszeitungen der umfangreichste Teil sein) und schon liest man in regelmäßigen Abständen:
„Magermodel hungert sich zu Tode“
„Magermodel auf Laufsteg zusammengebrochen
 oder
„Magermodel fällt durch Gullideckel“
.
Dramatisch.

Foto: Reza Vaziri (CC-by-nc-2.0)
Aber die Modewelt hat längst reagiert. Laufstegsverbote für Mädchen mit weniger als 25 Kilogramm Körpergewicht – und Heidi Klum setzt in regelmäßigen Abständen Nachwuchs in die Welt. Denn schließlich bedeutet das für ganze neun Monate, nicht in die Mager-Sünder-Ecke gedrängt werden zu können. Die Modewelt scheint sich einig zu sein: Schluss mit abgemagerten Laufstegpuppen und Kotz-Fress-Sucht.

Ganz im Gegenteil zur Uniwelt. Keine Angst, Deutschlands Studentinnen und Studenten sind nicht zu dünn – höchstens der Wissenstand in ihren Hirnen nach sechs angeblich berufsqualifizierenden Semestern. Stattdessen macht sich dort eine ganz andere Art der Kotz-Fress-Sucht breit: Die Bachelor-Bulimie.
Jedes Jahr zur Prüfungszeit ist es das Gleiche: Unzählige Studenten fressen wenige Tage vor der Klausur – sofern sie nicht noch drei Referate und vier Essays vorzubereiten haben – Unmengen von Lernstoff in sich hinein. Nur um diesen wenig später wieder wohl strukturiert auszukotzen. Auf nimmer Wiedersehn versteht sich.

Zur Belohnung gibt es ein paar knackige ECTS-Punkte – und auf geht’s in die nächste Runde!
Wissen, was war das noch mal?
Wird aber ohnehin überschätzt.
Man kann auch ohne BWL-Kenntnisse eine Firma in den Ruin treiben – oder ohne Englischkenntnisse Außenminister werden.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Es gibt aber auch Studenten, die bei der ganzen Sache profitieren. Wie Bernie, B.A. Byzantinistik im 3. Fachsemester. Wissen, dass er ohnehin niemals mehr brauchen wird, muss er sich erst gar nicht auf Dauer aneignen.

Bologna hat auch seine guten Seiten.