Mittwoch, 29. September 2010

Repräsentativität

Eine neue Studie beweist endlich: Studenten jammern zu viel und arbeiten zu wenig. Nur lediglich 26 Stunden wenden Studenten im Schnitt pro Woche für die Uni auf.

Aber dann noch jammern.

Die Politiker lachen sich ins Fäustchen: Wir haben es ja immer gewusst. Schuld sind nicht wir, sondern der deutsche Student, der nichts kann als jammern. Die Stimmung ist drastisch umgeschlagen, könnte man dieser Tage sogar meinen. Elf Jahre Proteste durch überarbeitete Studenten sind nichts mehr wert; wurden sie doch als Lüge entlarvt – durch eine einzige repräsentative Studie.

Die ist übrigens so repräsentativ wie die erste empirische Hausarbeit eines Politikerstsemesters: Befragt wurden 121 Studenten an vier Hochschulen – und aus sechs verschiedenen Studiengängen. Zum Vergleich: aktuell gibt es in Deutschland über zwei Millionen Studenten, 410 staatlich anerkannte Hochschulen – und inzwischen auch mehrere Dutzend Bachelorstudiengänge.

Entschuldigung, aber diese „repräsentative“ Studie klatscht dir jeder Methodenprofessor um die Ohren. Nur eben nicht jeder Politiker. Und erst recht nicht jeder Medienvertreter.

Das Ganze ist ungefähr so repräsentativ wie der IQ von Daniela Katzenberger für den Gesamt-IQ von Ludwigshafen. Ok, schlechtes Beispiel. Anderes ausgedrückt: Ich glaube selbst Bernie, B.A. Byzantinistik 4. Fachsemester, fände diese Studie zumindest etwas fragwürdig. Und Bernie kauft dir sonst eigentlich alles ab.

Und mal angenommen, diese Studie ist, entgegen allen Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung, doch repräsentativ: Sind die Tausenden Burn-outs und anderen psychologischen Zusammenbrüche bei Studenten seit Bologna deswegen auf einmal nicht mehr repräsentativ? „Mooooooment!“, schreien jetzt die Bildungspolitiker. „Schuld daran ist nicht der Bachelor an sich, sondern das miserable Zeitmanagement der Studenten.“ Das belegt nämlich passenderweise auch die neue Studie.

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Und selbst wenn das wiederum alles stimmt: Sollte es uns selbst dann nicht immer noch zu denken geben, wenn Studenten aufgrund schlechten Zeitmanagements psychisch krank werden? Selbst mit dem schlechtesten Zeitmanagement wird aus einer 20-Stundenbelastung doch keine gefühlte 60-Stundenbelastung…

Es sei denn natürlich, die Studenten haben es auch in der Disziplin Zeitmanagement nur zum Bachelor gebracht.

Mittwoch, 15. September 2010

Meister

In Rheinland-Pfalz kann man ab sofort ohne Abitur an einer Hochschule studieren. Wenn man vor der Handwerkskammer die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt hat.

Die Opposition schreit, dass sei eine Entwertung des Abiturs. Aber mal ehrlich: Ist das nicht eh schon nicht mehr weiter abwertbar, seit Leute wie Lena Meyer-Landrut die Prüfungen bestanden haben?

Aber eigentlich brauch niemand Angst zu haben, dass die Meister nun den Abiturienten die Studienplätze wegnehmen. Denn mal ehrlich: Welcher Mensch, der etwas Anständiges gelernt hat, will sich nochmal mit denselben Bezeichnungen rumschlagen?

Studiert der Meister nach den Regeln der Kunst – und das heißt in der Regel „Bologna“ – dann macht der Meister erstmal seinen Bachelor. Dann ist der Meister kein Meister mehr, sondern „Junggeselle“. Das ist dann angeblich mehr Wert als der „Meister“ vorher. Dabei hat der ehemalige Meister, der jetzt Junggeselle ist, doch das letzte Mal, als er ein „Geselle“ war, seinem Meister Kaffee kochen und die Zeitung vom Kiosk holen müssen. Ist er jetzt noch nicht komplett verunsichert und studiert weiter, dann wird der frühere Meister, der jetzt ein Bachelor ist, nach vier Semestern wieder zum Meister…äh Master.
Meister halt. Übersetzt.

Welcher ehemalige Junggeselle, der dann Meister wurde, nur um als Geselle seinem Master Kaffee…. Ach, da kommt man aber auch durcheinander. Also langsam: Ein Geselle, der durch eine Prüfung zum Meister wird, dann durch ein Studium aber wieder zum (Jung)gesellen, bis am Ende wieder ein Meister rauskommt. Wert tut sich freiwillig so eine Wortklauberei an?

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Es ist bestimmt irgendwie gerechtfertigt, dass Meister unbeschränkten Hochschulzugang bekommen – zumindest auf der anderen Rheinseite. Aber damit das System auch jeder versteht, sollten wir schnell noch europaweit die Bezeichnungen an das neue Studienenglisch anpassen. Journeyman und craftsman oder so. Und am besten, wenn wir eh schon dabei sind, auch die Ausbildungszeiten ein bisschen anpassen – was natürlich verkürzen heißt.

Und weil Rheinland-Pfalz das Ganze angestoßen hat, treffen wir uns am besten nicht in Bologna, sondern in Oggersheim. Da kennt man sich mit Englisch aus und hat schon früher bei Palzwoi un Saumage Weltpolitik gemacht.

Mittwoch, 1. September 2010

Fitnessstudio

 Jedes Mal, wenn ich dann doch mal die Zeit finde, ins Fitnessstudio zu gehen, bietet sich mir das gleiche Bild. Nein – leider keine sexy Sportmiezen, sondern eher ganz spezielle Fälle des eigenen Geschlechts.
„Ich bin ein Mann. Für was brauche ich einen Trainingsplan?“
Und für was soll ich am Gerät mit 9 Kilo anfangen wenn mir doch mein urzeitlicher, animalischer und zutiefst männlicher Instinkt sagt:
„Das geht mit 40 doch genauso!“

Ich bin kein Arzt, aber diese Form von physischer Überladung kann für den Körper nicht gut sein.

Foto: clumsy_jim (CC-by-nc-2.0)
Sagen Sie sich schon: „Na, und jetzt schlägt er gleich irgendwie die Kurve zum Bachelor“?
Wenn ja, Glückwunsch, Sie kennen mich gut.
Aber den Triumph gönne ich Ihnen nicht, deswegen erzähle ich jetzt erst mal einen Witz. Also. Ein Hase, ein Igel und ein Bär….ach lassen wir das.

Eitle Männer im Fitnessstudio – Überbelastung:
Ist ja eigentlich genau wie beim Bachelor.
In sechs Semestern muss man heutzutage einen „berufsqualifizierenden“ Abschluss haben. Dafür braucht man eine Menge Stoff. Wo man allerdings früher mit 9-Kilo-Hanteln anfing, bekommt man jetzt im ersten Semester gleich mal die volle 40-Kilo-Ladung.
Das ist weniger physische Belastung als vielmehr psychische.
Auch hier muss ich kein Arzt sein, um zu sagen, dass das glaube ich gar nicht mal so gut ist.

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Wer unter der Last zusammenbricht, hat Pech gehabt.
Wer es durchhält hat nachher zwar ein kaputtes Kreuz –kann sich jedoch über einen tollen berufsqualifizierenden Abschluss freuen.

Und weil der so berufsqualifizierend ist, darf man im Master gleich die 80-Kilo-Hantel auflegen.