Mittwoch, 20. Oktober 2010

Licht

Studenten geht im Mannheimer Schloss neuerdings ein Licht auf. Allein das klingt angesichts der unglaublich wissensvermittelnden Bachelorstudiengänge schon äußert unglaubwürdig. Richtig schräg wird es allerdings, wenn ich sage, dass das auch noch völlig automatisch und bisweilen willkürlich geschieht. Ok – ein Licht, dass einem völlig willkürlich aufgeht, passt dann wieder eher zum Bachelor. Aber mindestens genauso schnell folgt da auch wieder die Dunkelheit.

Foto: Freewill Photography+ (CC-by-nc-2.0)
Nicht so im Westflügel des Ehrenhofs. Bewegungssensoren erfassen im Treppenhaus jeden kleinsten Mucks und – schwups – ist das Licht an. Theoretisch zumindest.
Seit längerer Zeit beschleicht mich nämlich wie gesagt das Gefühl, dass die ganze Sache relativ willkürlich abläuft. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht. Fairerweise muss festgehalten werden, dass es auch durchaus sein könnte, dass der Sensor Tageszeit abhängig ist. Nur leider geht das Licht am Tag an und bleibt in der Nacht dunkel. Und wenn es nachts angeht, dann meistens zu spät. Nämlich dann, wenn ich das Treppenhaus gerade verlasse.

Willkürlich, unlogisch und viel zu spät – klingt irgendwie verdächtig nach dem Bachelor. Willkürlich scheinen die Themen die auf dem Lehrplan landen und andere, die rausfliegen. Unlogisch das ganze System, dass Erfolg an Arbeitsstunden misst. Und viel zu spät geht einem das Licht auf – nämlich meist nach der Klausur, wenn man den Stoff nach Bachelorlogik schon lange nicht mehr braucht. Diese Parallelen können nur zufällig sein.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Oder etwa nicht? Wenn nein, könnte man die Baumaßnahme sogar im Nachhinein mit Studiengebühren finanzieren – obwohl das sonst eigentlich strengstens verboten ist. Die Argumentation wäre auch klar:
Verbesserung der Lehrverhältnisse.

Wann sonst geht einem Studenten schon mal im Bachelorstudium ein Licht auf?

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Gruppendynamik

Samstag. Kurz nach halb 4. Westkurve, Fritz-Walter-Stadion Kaiserslautern.

Es ist schweinekalt, das Spiel ist grottenschlecht und ich stehe mir die Beine in den Bauch. Ich frage mich nicht nur, was ich hier eigentlich mache – als Frankfurt-Fan – sondern auch, wie es sein kann, dass viele junge Menschen so für Stimmung sorgen.

Foto: Der Toco (CC-by-nc-nd-2.0)
Als dann erneut lautstark gepfiffen und gebuht wird, als der gegnerische Spieler mal wieder Zeit schindet (während er mit dreifach gebrochenem Unterschenkel vom Platz getragen wird) frage ich mich: Warum klappt hier, was bei Studentenprotesten so kläglich scheitert?

Seit Bologna ist der Großteil der Studenten doch auch jung (es gibt ja keine 24.-Semester mehr) und mit dem Bachelor gibt es sogar ein Ziel, dass man noch sehr viel schöner ausbuhen und auspfeifen könnte, als den Zeitschinder. (Der übrigens gerade in den Krankenwagen verfrachtet wird.)

Warum klappt also im Stadion, was in der „realen“ Welt nicht klappt, obwohl dort nicht nur der Klassenerhalt auf dem Spiel steht sondern etwas niocht ganz Unbedeutendes wie, naja, die eigene Zukunft?

Jetzt könnte man sagen, das im Stadion sind gar keine Studenten. Stimmt so nicht. Da sind sogar sehr viele Studenten drunter, habe ich mir sagen lassen. Man könnte auch sagen, das ist ein Mannheimer Phänomen. Seit Waldhof Mannheim nicht mehr tiefer sinken kann, haben die Fußballfans unter den Studenten einfach das Pfeifen verlernt. Auch das stimmt nicht, da der gemeine Waldhoffan ohnehin schon seit Jahren heimlich nach Lautern, Karlsruhe oder Frankfurt fährt. Woran liegt es also, dass Studenten im Stadion gegen „Missstände“ protestieren auf der Straße aber nicht?

Vielleicht fehlt ja in Deutschland was Streiks betrifft einfach das, was der gemeine Fußballfan seit seiner Kindheit im Stadion erlebt – die richtige Sozialisierung.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Darum mein Vorschlag: Wir versammeln alle überarbeiteten, aber bisher tatenlosen Studenten mit Fußballhintergrund in einem Stadion. Den Bologna-Verantwortlichen ziehen wir sexy Schiedsrichtertrikots an (am besten die rosafarbenen) und zeigen dann das Ganze auf Großleinwand. Public Viewing ist ja eh grade in.

Wenn dann der Funke immer noch nicht überspringt, weiß ich auch nicht mehr weiter.

Mittwoch, 6. Oktober 2010

Menschenrechte

Menschenrechte sind eine tolle Sache. Legen fest, dass alle Menschen gleich sind, was menschenwürdige Bedingungen sind usw. Zur aktuellen Menschenrechtscharta der UN bekennen sich alle Mitgliedsstaaten. Wer dagegen verstößt, wird geächtet. Diktatoren, Massenmörder, Kriegsverbrecher – und 29 europäische Bildungsminister. Letztere sollten zumindest geächtet werden. Theoretisch. Wenn man konsequent wäre.

Foto: brtsergio (CC-by-nc-sa-2.0)
Warum? Ganz einfach: Artikel 24 der Menschenrechtscharta.
"Everyone has the right to rest and leisure…"
Und weil schließlich auch Bachelorstudenten mit G8-Abitur zuhören könnten und die keine Zeit gehabt haben, um anständig Englisch lernen zu können, das Ganze auch noch mal auf Deutsch:
"Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit…"
Jap…jeder hat das Recht auf Freizeit. So wie jeder laut der Charta auch das Recht auf sauberes Trinkwasser hat. Doch die Sache mit dem Trinkwasser beweist sehr schön, dass „das Recht auf etwas haben“ nicht gleichbedeutend mit „etwas wirklich haben“ ist. Denn was für den gemeinen Mittelafrikaner sauberes Trinkwasser ist, ist für den Bachelor Freizeit: Er hätte es gern, er könnte es theoretisch auch haben, würde das Ganze nicht an Systemversagen und unfähigen Politikern scheitern.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Mein Freund Bernie, B.A. Byzantinistik im 4. Fachsemester, will übrigens gegen den Verstoß gegen den Freizeits-Teil die Menschenrechtscharta klagen – wäre da nicht dieses kleine Problem mit der Amtsimmunität von Bildungsministern. Der Bachelor als Verbrechen gegen die Menschlichkeit – dafür fehlt einfach die Lobby. Kein Wunder, denn wie sollen Studenten auch eine Lobby aufbauen, wenn sie vor lauter Studiererei gar keine Zeit dafür haben. Ein geschickter Schachzug der Bologna-Macher.

Irgendwie der einzige.