Mittwoch, 30. März 2011

Supermarkt

Bio-Läden sind bei Studenten „voll in“. Es wird zwar immer und überall über das knappe Geld gejammert, aber für Milch von glücklichen Kühen gibt man dann gerne mal 3,50 Euro pro Liter aus. Mal unter uns: Wer vom Land kommt, weiß, dass in den Bio-Produkten oftmals auch nichts anderes drin ist, als in den halb so teuren im Discounter nebenan. Jeder der das genau so sieht, geht eben auch zu eben jenem. Doch im Discounter gibt es auch eine ganze Menge Zeug, die ein Student nicht wirklich braucht, das aber den Blick auf die wesentlichen produkte versperrt. Wieder mal eine echte Marktlücke. Warum gibt es eigentlich noch keinen Supermarkt extra für Studenten?

Das könnte dann in etwa so klingen - stellen Sie sich einfach typisches Supermarktgedudel vor, gefolgt von folgender Durchsage.
Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde, herzlich Willkommen in „Bachelorkauf – dem Supermarkt für Studenten“.

Bitte beachten Sie unser reichhaltiges Angebot an Kaffee in der praktischen Zentnerpackung im Eingangsbereich. Außerdem neu: Ritalin zum Schnäppchenpreis. Ritalin – jetzt neu in der Abteilung „Klausurvorbereitung“.

Und für alle Freunde von glücklichen Kühen: Bio-Produkte finden Sie im vergoldeten Anbau. Folgen Sie einfach den Platin-Pfeilen und dem wiehernden Melkesel.

Achtung! Achtung! Neu eingetroffen und zum absoluten Hammerpreis: Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten für alle Fachbereiche. Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten – jetzt im ersten Stock. Direkt neben der Biographie von Karl-Theodor zu Guttenberg.Sonderangebot: Beim Kauf von zwei Arbeiten erhalten Sie einen Anwaltsgutschein gratis.

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Haben Sie eigentlich schon unsere praktischen Galgenstricke probiert? Praktische Galgenstricke, jetzt neu in der Spielwarenabteilung…

Und nur heute: 20 Prozent auf alles! 20 Prozent auf alles!
(Ausgenommen Taschentücher, Kopfschmerztabletten, Druckerpapier, Textmarker, Lehrbücher, Gerichtskosten, Bewerbungsunterlagen, Kugelschreiber, Psychiaterkosten, Maschinengewehre und Goldfische.)

Mittwoch, 23. März 2011

Uni tot?

Einmal im Jahr gibt die Uni Mannheim ihren Studenten frei, damit diese in die Uni gehen können. Klingt komisch, ist aber so. Denn dann findet „Uni lebt“ statt und die Fakultäten garantieren Lehrfreiheit. Theoretisch. Also nach Meinung des AStAs. Die Fakultäten wissen davon nicht immer unbedingt was, aber nun gut.

Uni lebt“ ist dabei an sich eine großartige Sache – einen Tag lang bekommen Studenten im Rahmen von Vorträgen, Workshops, Ausstellungen und Aktionen die Möglichkeit, mal über den Tellerrand des eigenen Studienfaches zu schauen und sich mit einem anderen Thema zu beschäftigen. Meistens sogar mit „der Welt da draußen“ . Und das Ganze dann ohne den Druck, reguläre Veranstaltungen besuchen zu müssen. Also nach Meinung des AStAs. Die Fakultäten sind davon nicht immer so begeistert – aber das hatten wir ja schon.

Doch was passiert, wenn man gewöhnlichen Studenten nun einen Tag frei gibt, um ein Angebot zu nutzen, dass in der Regel a) nicht wirklich beworben wird und b) wenn überhaupt dann im Programm so aussagekräftige Punkte sehen wie: „8:30 Uhr. Vorlesung. Professor Erdfelder“? Ich muss Sie enttäuschen, dass ist leider nicht die 100.000-Euro-Frage. Die Antwort ist nämlich ganz einfach: Nichts.

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Der gemeine Student ist dankbar über einen freien Tag, den er entweder dafür nutzt, Lernrückstände aufzuholen oder, vorausgesetzt er hat das nicht längst verlernt, einfach mal wirklich einen Tag frei zu machen.

Doch auch etwas anderes steht eigentlich jedes Jahr fest: Im Nachhinein war „Uni lebt“ immer ein „Riesenerfolg“. Zumindest nach Meinung des AStAs. Alle anderen denken da anderes darüber.

Mittwoch, 16. März 2011

Lebensläufe

Die absolute Lieblingsbeschäftigung von Studenten – neben Rumjammern und Auswendiglernen, versteht sich – ist das Füllen des eigenen Lebenslaufs. Und das hat sich schon zu einer richtigen Sportart entwickelt. Je voller, desto besser. Wen wundert’s, versucht die Gesellschaft uns doch Tag für Tag einzureden, dass das genau so sein muss.

Das treibt dann zuweilen sehr skurrile Blüten: Studenten melden sich in drei bis fünf Initiativen an, für die sie natürlich eigentlich ohnehin schon keine Zeit hätten. Aufgrund der zusätzlichen Drei- bis Fünffach-Belastung aber natürlich noch viel weniger. Die Initiativen freut das natürlich riesig – den Studenten noch mehr: Denn es steht ja im Lebenslauf.
Je voller, desto besser.

Aber Mitglied in einem halben Dutzend Initiativen sein kann ja wohl jeder. Also muss man sich schon mehr einfallen lassen, um den Lebenslauf ein bisschen aufzupeppen. Seit Bologna hat man ja für Praktika bekanntlich nicht mehr so viel Zeit, aber der gemeine Student ist ja kreativ. Und wie weiß schon der Hesse: „Mir müsse nur flexibel soi, dann trinkt die Welt ach Ebbelwoi!“

Also mal nachschauen…das Pflicht-Schnupper-Praktikum damals in der 9. Klasse in der Autoschlosserei – ja, war halt grad in der Nähe. Mh…im Lebenslauf des BWL-Studenten: „Internship im Car Technology Management Sector“. Passt. Ach, und das Zeitungsaustragen? „Langjährige Tätigkeit im Bereich Medien und Journalismus.“ Na wunderbar!
Je voller, desto besser.

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Und immer weiter sammelt der gemeine Student fleißig Lebenslaufzeilen, schmückt Erfahrungen aus – und sammelt weiter. Bis er dann womöglich mit 30 merkt, dass er vor lauter Lebenslauffüllen doch glatt vergessen hat, sich tatsächlich in einem Bereich ernsthaft beruflich zu orientieren.

Dann hilft womöglich nur noch die nächste Autobahnbrücke. Oder der Alkohol.
Je voller, desto besser.

Mittwoch, 9. März 2011

Bond. James Bond.

James-Bond-Filme sind Kult. Aus vielen verschiedenen Gründen: Wegen der coolen Autos, der Musik, der Bond-Girls – und natürlich auch wegen der Bösewichte. Wobei die sich ja eigentlich in jedem Film so dämlich anstellen, dass man schon befürchten muss, sie hätten in „Criminal Evilness“ nur einen Bachelorabschluss.

Ich meine, hallo, in jedem Film gerät James Bond mindestens einmal in die Klauen des Fieslings. Und der will ihn natürlich um die Ecke bringen. Aber wie? Mit einem elend langsamen Laser, einer Horde Krokodile oder mit einer Kreissäge, deren Förderband eine halbe Stunde braucht. Umständlich bis zum letzten. Dabei könnte es so einfach sein: Kugel in den Kopf – Sache erledigt. Das kann jeder Trottel. Ok, die aktuelle Offensive des FC Bayern würde ich nicht ranlassen, da ist nicht sicher, ob die treffen würde. Aber sonst wirklich jeder.

Aber nein, das Ergebnis ist immer das gleiche: James Bond kommt irgendwie frei und rettet die Welt. Dank der Umständlichkeit unseres Undergraduate-Bösewichts.

Genau genommen spiegeln aber auch die Bösewichte nur die Gesellschaft wieder: Wer Bestimmungen zur Krümmung von Gurken hat und einen Waldarbeiterschein braucht, um eine Wacholderhecke auf seinem eigenen Grundstück umzuhauen, der greift dann auch schon mal zum Laser. Umständlich.

Ich fühlte mich letztens sogar in einer Vorlesung wie in einem Bond-Film. Und das nicht etwa, weil die Dozentin ausgesehen hätte wie Halle Berry – nein, eher wegen der besagten Umständlichkeit. Letztlich läuft doch in so einer Vorlesung alles darauf raus, dass ich mir für die Klausur eine bestimmte Menge Blödsinn auswendig in den Kopf hauen muss. Warum gibt es dann Anwesenheitslisten, Berge von nicht benötigter Literatur und Folien, die für die Vorlesung irrelevant sind? Umständlich. Am Ende geht es eh nur ums auswendig Gelernte. Und ich bin zwei Tage danach wieder so dumm als wie zu vor.

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Vielleicht reicht’s ja trotzdem noch zum Oberschurken. Vielleicht gibt es heute sogar im undurchdringlichen Bachelor-Studiengangs-Bezeichnungs-Dschungel irgendwo einen B.A. in „James Bonding“…

Denn mal ehrlich: So als Geheimagent ist doch viel toller. Der bekommt nämlich am Ende keine Kugel aufgrund seiner eigenen Umständlichkeit sondern wirklich ein Bond-Girl. Und das sogar ohne Auswendiglernen.

Mittwoch, 2. März 2011

Höchstgeschwindigkeit

Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. Wir hetzen uns von einer Aufgabe zur anderen, ohne Rast, ohne Ruh und ohne jegliche Bremselemente. Das ist nicht nur im Studium so, aber auch im Studium. Nicht nur, dass man heute in sechs Semestern durchs Studium gepeitscht wird, nein, auch eine typische Woche besteht meistens aus Rennen von Seminar in die Bib, zurück in die Vorlesung, dann zum Job und so weiter und so fort. Essen gibt’s in Form von fast Food und für einfache soziale Kontakte bleibt auch wenig Zeit. Die Folge: Auf dem Campus wimmelt es nur so von fettleibigen Nerds.
Ok, das war jetzt wirklich übertrieben.

Foto: fredddi (CC-by-nc-2.0)
Das eigentlich Schlimme aber ist, dass man diese Lebensweise dann auch noch auf andere Lebensbereiche überträgt, wo dieses Gehetze eigentlich gar nicht sein müsste. Aber wir trotzdem wie der Roadrunner durch die Gegend jagen. Sie wissen schon,  dieser schräge Vogel aus den Looney Toons, hinter dem der Kojote immer her ist und der deswegen immer total schnell durch die Gegend rast. Und „Miep-Miep“ macht.

Obwohl: der war damals schon realistischer als dieser sich ständig Karotten in die Fratze schiebende Sozialschmarotzer Bugs Bunny, der den ganzen Tag nichts anderes zu tun hatte, als faul rumzuhängen und luuustige Geschichten zu erleben. Während er wahrscheinlich auch noch dem Staat auf der Tasche gelegen ist. Ne, dann lieber der Roadrunner.

Wobei dessen Lebensart viele dann wiederum zu sehr verinnerlicht haben. Hetzen und so. Mich gar nicht ausgenommen. Ich meine, wenn ich nach einer langen Woche freitags dann mal in Richtung Heimat aufbreche, könnte ich doch eigentlich ganz entspannt mit 120 über die Autobahn tuckern. Aber nein, es muss gerast werden. Trotz dieser lustigen Schilder mit den Verkehrstoten, die einen genau davon abhalten sollen.

Und ich hetze nicht etwa, weil ich Mami und Papi so schnell wieder sehen möchte oder noch einen Termin hätte. Nein, man hetzt, weil man es gar nicht mehr anders gewohnt ist.

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Das hübsche weiße Schild mit dem diagonalen schwarzen Strich kommt, am Straßenrand lächelt mich der Verkehrstote an, ich lächele zurück – und ab dafür.

Gut...laute Rockmusik aus den Boxen ist der langsamen Fahrweise wiederum auch wieder nicht zuträglich. Aber die übertönt wenigstens das „Miep-Miep“, das ich beim Durchtreten des Gaspedals ausgestoßen habe.