Donnerstag, 21. April 2011

Todsterbenskrank

Vergessen sie mein ständiges Gejammere über Bachelor und Bologna. Ob man es glaubt oder nicht: Es gibt Schlimmeres. Schnupfen zum Beispiel. Warum also aufregen über nörgelnde Bachelorstudenten, die aus ihrem Genörgel auch noch eine eigene Serie machen, über Daniela Katzenberger, DSDS oder Osama Bin Laden? Es gibt deutlich nervigere Dinge. Sie können sich’s denken?
Genau: Schnupfen.

Da mir durchaus bewusst ist, dass ein Großteil der Leser wohl Studenten sind – und sogar immer mehr Bachelorstudenten (Ja, liebe Wirtschaft, selbst mit diesem Abschluss kann man inzwischen sogar einen Computer oder ein Radio bedienen!), muss ich das vielleicht genauer erklären. Denn durch den ganzen Leistungsdruck dürfte der studentische Körper inzwischen so funktionieren, dass er Schnupfen ganz einfach gekonnt ignoriert. Nur anscheinend meiner nicht.

Also Schnupfen…das ist ungefähr so…wie, wenn man plötzlich ein Discussion Paper in einem Seminar schreiben muss, obwohl im Seminarplan davon nie auch nur beiläufig die Rede war. Total unnötig und nervig.

Und bevor ich mir wieder die Seele aus dem Leib huste und nicht weiterschreiben kann: Husten gibt es auch noch. Aber Husten, das ist nicht weiter schlimm. Husten, das ist im Prinzip so wie diese latente Arbeitsbelastung, die jeder Student hat. Texte lesen, Sitzungen vorbereiten, Vorlesungsfolien ausdrucken. Es ist zwar da und man kann sich besseres vorstellen, aber irgendwie gefährlich wird es erst, wenn es chronisch wird.

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Jaja, diese jammernden Studenten. Genau! Ich bin Student. Und außerdem ein Mann. Dann werde ich ja bei einer Grippe noch anständig jammern dürfen! Oder etwa nicht? Denn man muss das mal so sehen: Klar, an einem Schnupfen stirbt man nicht. Aber in Zeiten, wo man teilweise selbst mit Attest nur noch einmal pro Semester in einer Veranstaltung fehlen darf und ganz obendrein vielleicht besseres zu tun hat, als eine Woche lang im Bett zu liegen – eine Bachelorarbeit fertig schreiben zum Beispiel – kann auch ein Schnupfen mal ganz schnell todernst werden.

Mittwoch, 13. April 2011

Zufallsprinzip

Aufnahmekriterien für Studienbewerber sind undurchsichtig. Hat sich auch die Heidelberg International Business Academy gedacht – und verlost kurzerhand Studienplätze. Ok, genau genommen nur einen. Als Preis beim Informationstag.

Böse Zungen werden jetzt sagen: Wo sind wir denn? Die Wirtschaft fordert topqualifizierte Leute und die verlosen Studienplätze?! Da kann ja jeder x-beliebige Hansel kommen und den wirklich qualifizierten Menschen den tollen Schicki-Micki-Studienplatz wergnehmen! Naja, Abitur wird schon eine Voraussetzung für die Gewinnspielteilnahme gewesen sein. Und außerdem: Wir reden hier von einer privaten Hochschule. Seit wann zählen da Noten?

Und außerdem II: Selbst wenn es sich nicht um eine private Hochschule handeln würde: Bei einem Gewinnspiel gewinnt der, der Glück hat – die Chancen sind also für alle gleich. Bei der regulären Bewerbung gewinnt dann auch schon mal derjenige mit den schlechteren Noten, aber den besseren Photoshop-Kenntnissen. Oder der mit den besten Beziehungen, weil er jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der lustige Ehrenamtsbescheinigungen und solches Zeugs unterschreiben kann. Ist das etwa fairer?

Es wird sowieso viel zu wenig wahllos gelost in Deutschland. Nicht mal die Schulnoten. Die werden meistens gewürfelt. Aber mal im Ernst: In den griechischen Stadtstaaten der Antike wurden sogar zeitweise die Inhaber der wichtigsten Ämter ausgelost. Und? Auch wenn die Gefahr bestand, dass der größte Vollpfosten für ein paar Jährchen an der Macht war – die Akropolis steht immer noch, oder?

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Losen wir doch auch einfach wieder. Nicht nur bei der Studienplatzvergabe. Am besten gleich bei allem. Es ist doch letztlich wie in jedem Dorfgesangsverein: Die wirklich Intelligenten sind nicht so blöd, sich den Job als Vorsitzenden anzutun – also wird einfach der Erstbeste gewählt, der nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Losen wir! Keiner drückt sich, keine Bescheißereien, kein Lobbyismus. Die Chancen auf Kompetenz würden schlagartig steigen. Bundeskanzler, Aufsichtsräte, Hochschulrektoren, Studenten, ja sogar Spieler von Fußballvereinen (denn: die Chance auf einen guten Transfer ist beim Losen sicherlich höher, als wenn irgendwelche „Fachmänner“ die Ailtons, Metzelders oder Gomez' dieser Welt kaufen).

Zu riskant? Fangen wir mit dem Losen doch einfach da an, wo man eh nicht mehr viel kaputt machen kann. Zum Beispiel bei den Verantwortlichen des Bologna-Prozesses.

Mittwoch, 6. April 2011

Wahltag

…und die Deutschen sind doch gute Demokraten. Denn mal ehrlich: Ganz unabhängig vom letztlichen Wahlausgang – das wirklich Erfreuliche an den  vergangenen Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist doch die Wahlbeteiligung. Denn die ist zum ersten Mal seit Jahren wieder angestiegen.
Politikverdrossenheit war gestern.
Ok, die Quote derer, die zur Wahl gehen, liegt auch jetzt nur bei rund zwei Dritteln und wie immer bedurfte es dafür mal wieder ein Hochwasser oder die ein oder andere kleine Havarie – aber immerhin. Die Menschen haben endlich mal wieder das Bedürfnis, wählen zu gehen.

Foto: Rama (CC-by-sa-2.0)
An der Universität kann man davon allerdings nur träumen. In gut einer Woche stehen in Mannheim die Uniwahlen an. Wasndas? Naja, da werden so „unbedeutende“ Dinge wie Senat, Fakultätsrat oder AStA gewählt.  Wie dem auch sei – zufrieden wäre man hier wohl schon, wenn in Sachen Wahlbeteiligung an der 15-Prozent-Marke gekratzt werden könnte. So traurig das auch ist. Dabei ist die Stimmung was Wahlen betrifft doch so gut wie selten in unserm Land. Man muss es nur geschickt anstellen.

Freibier und Live-Musik sollen ja angeblich immer ziehen, um Leute zu locken, aber warum so kompliziert? Die Landtagswahlen haben doch gezeigt, dass man mit ganz einfachen Schlagworten die Massen mobilisieren kann – wie wär’s mit ein paar knackigen Slogans?

„Bei der Uniwahl Stuttgart 21 den Rest geben.“
Ist zwar absolut sinnfrei, aber „Stuttgart 21“ und „Rest geben“ klingt immer gut – und bringt die Leute an die Urne wie Angehörige ganz bestimmter Gesellschaftsschichten zum nächsten DSDS-Casting im Mannheimer Schloss.

„Uniwahl: Atomausstieg jetzt!“
Ja! Das ist prägnant, das rüttelt die Massen wach! Auch sinnfrei? Naja…also der Strom, den die Uni bezieht, kommt ja bestimmt zu ´nem gewissen Anteil aus AKWs und wenn man dann den AStA wählt und der da dagegen ist…und so.

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Nächster Versuch: Da vor allem die CDU-Anhänger in Baden-Württemberg ja nun der festen Überzeugung sind, dass das Land aufgrund zukünftiger grüner Misswirtschaft bald Geld aus dem Soli herausholen statt hineinzahlen muss – wie wär‘s mit
„Bananen für Baden-Württemberg!“?

Das muss die Massen doch locken. Die grundlegendste Form studentisch-demokratischer Partizipation hätte es zumindest verdient.