Donnerstag, 30. Juni 2011

Frauenfußball

Die Welt ist wieder mal zu Gast bei Freunden. Diesmal sind die Freunde deutlich femininer, haben weniger Bierbauch und saufen und gröhlen auch weniger, wenn sie mal ein Spiel gewinnen. Dennoch gibt es auch Anno 2011 wieder richtig guten Fußball in Deutschland zu sehen. Und das meine ich ernst!

Foto: beefy_n1 (CC-by-nc-2.0)
Man muss nur Frauen- und Männerfußball als zwei verschiedene Sportarten betrachten. Und nein, das ist jetzt kein Machogerede – diese ständige Vergleicherei geht einem doch einfach nur noch auf die Nerven. Wer spielt jetzt letztendlich besser, Männer oder Frauen? Na klar würde die kleine Lira Bajramaj, wenn sie gegen Thorsten Frings laufen würde, kaputt gehen – das ist rein anatomisch einfach so. Deswegen ist aber Frauenfußball doch nicht schlechter oder weniger physisch? Und dann immer dieses: Wer sieht besser aus? Die Männer- oder die Frauennationalspieler? Und wer sieht männlicher aus? Der Mittelstürmer bei den Herren oder der Mittelstürmer bei den Damen? Schluss mit der Vergleicherei.
Das gilt übrigens auch umgekehrt. Ich sage nur „Wer ist der amtierende Weltmeister und wer nur Dritter?“

Freuen wir uns doch einfach in beiden Sportarten über die Erfolge unserer Mannschaft.

Andererseits ist diese elende Vergleicherei ja auch ein Phänomen unserer Zeit. Was ist jetzt besser? Der Bachelor oder der Diplom?
Bringt doch alles nichts!
Der Bachelor ist ein Ergebnis unserer Zeit, quasi der akademische Frauenfußball. Ein Bachelor muss vielleicht auch gar nicht die Details seines Faches vom Hundertsten ins Tausende wissen, wenn er dafür perfekt aufs Berufsleben vorbereitet wird.

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Wenn ich als Bachelor akademische Volltreffer lande wie Birgit Prinz, dann will ich gefälligst nicht mit dem ollen Diplomer Gerd Müller verglichen werden. Nein! Ich hab auch so das Zeug zum akademischen Weltmeister. Dann halt nur im Frauenfußball. Also metaphorisch ausgedrückt.
Sonst dürfen Sie mich natürlich jederzeit mit Gerd Müller verglichen werden.

Und wer weiß. Vielleicht regieren Bachelor tatsächlich mal die ganze Welt und werden auch von den jetzigen Kritikern geliebt. Denn wenn man zuhört, wie die DFB-Funktionäre die Leistungen der Damen heute in den Himmel loben, kann man sich kaum vorstellen, dass der Verband den Sport in seiner Anfangszeit sogar mal verboten hatte.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Absolventenfeier

Wenn die sechs Semester Bachelor irgendwann wie im Flug vergangen sind – Moment mal, „Wie im Flug vergehen“ ist doch eigentlich eine Metapher dafür, dass augenscheinlich lange Zeiträume schneller rum sind, als man dachte – aber bei einem Abschluss nach sechs Semestern? Also: Wenn die sechs Semester Bachelor wie erwartet schnell vergangen sind, steht die Absolventenfeier an.

Foto: pennstatelive (CC-by-nc-2.0)
Also bei manchen. Bei anderen auch gar nicht. Und an höchst unterschiedlichen Plätzen. Die einen müssen sich inklusive feierwütigem Anhang in einen Hörsaal quetschen, die anderen bekommen Fest- und Cateringzelt aufgebaut. Je nach Ruf und Studiengang eben.

Und auf diesen Absolventenfeiern gibt es dann…ja was gibt es eigentlich? Außer einer Menge heiße Luft? Die Bachelorzeugnisse? Natürlich nicht! So ein wichtiges Dokument kann man doch nicht einfach so aushändigen. Diese lustigen Studentenumhänge und –hüte, die man aus dem Fernsehen kennt? Nein. Diese Zeiten sind spätestens mit der Abschaffung von Diplom- und Magisterstudiengängen vorbei. Da gab‘s das noch. Dumm gelaufen.

Wenn ich meiner Fantasie mal freien Lauf lasse: Was ist, wenn jemand nur studiert hat, um einmal in seinem Leben diesen eckigen Hut tragen zu können? Und auf einmal auf der Absolventenfeier zu jaulen anfängt? Am besten an einer Universität, die einen internationalen Ruf zu verlieren hat? Ich stell mir das grad so vor. Springt dann der Rektor persönlich aus der ersten Reihe auf, kämpft sich heldenhaft erst durch die Horde gaffender und dämlich grinsender Verwandter und anschließend durch sämtliche Abstellkammern und Kellerräume der Universität, bis er schließlich in irgendeiner dunklen Ecke einen verstaubten und abgetragenen Studentenhut findet, den er dann, nachdem er sich zurückgekämpft hat, höchstpersönlich dem Absolventen überreicht?

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Wie? Achso, dafür müsste der Rektor bei der Absolventenfeier erst einmal anwesend sein. Doch ganz rational betrachtet: Warum sollte er das auch, wenn ein Horde Spätpubertierender wie eine Horde Kälber vor der Keulung das billige Schmuckzeugnis eines zumindest fragwürdigen Originals in die Hand gedrückt bekommt?

Mittwoch, 15. Juni 2011

Goethe

„Da steh‘ ich nun, ich armer Tor, / Und bin so klug als wie zuvor!“

Nein, das ist nicht etwa der Ausruf eines Bachelorabsolventen nach Abgabe seiner Abschlussarbeit – obwohl das durchaus passen könnte. Das ist Goethe. Faust. Genauer gesagt Faust I.

Foto: Elinore (GNU)
Goethe war gut. Nicht nur, weil er so toll reimen konnte. Nein, Goethe war auch richtig sozialkritisch. Auch im Faust. Da beschwert sich nämlich gleichnamiger Protagonist gleich am Anfang: „Habe nun, ach! Philosophie, / Juristerei und Medizin, / und leider auch Theologie / Durchaus studiert, mit heißem Bemühen. […] Heiße Magister, heiße Doktor gar, / Und ziehe schon an die zehen Jahr‘ / Meine Schüler an der Nase herum – / Und sehe, daß wir nichts wissen können!“ Jetzt will ich über die Lehrfähigkeiten eines Herrn Fausts genauso wie über die heutiger Dozenten gar nicht urteilen, das steht mir nicht zu – viel wichtiger ist das Grundproblem: Der Mensch lernt und lernt und lernt – und weiß doch nichts.

Wenn das mal nicht topaktueller Stoff ist. Ja, liebe Schüler, die ihr noch heute jedes Mal eure Lehrerin verflucht, wenn es im Unterricht an den Faust geht, so ist auch das echte Leben. So ist der Bachelor. Denn all die Buchgelehrtheit bringt nichts, wenn das Leben daneben zu kurz kommt, wenn keine Zeit bleibt, um in Auerbachs Keller oder auch ganz einfach nur in der Kneipe um die Ecke einen drauf zu machen und danach vom Gretchen im nächstbesten Garten aber mal sowas von…gefragt zu werden, wie man‘s denn mit der Religion hält.

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Hätte der olle Faust seine Nase mal nicht nur in Bücher gesteckt, dann hätte er sich auch nicht der dunklen Chemie zuwenden müssen. Auch das – ich bin ja sowieso ein Fan der freien Interpretation – auch das kann man 1:1 auf den Bachelor übertragen: Auch der Student, der über seiner Buchgelehrtheit und dem fehlenden sozialen Leben verzweifelt, greift dann gerne mal zur Chemie. Heute sind das dann nicht mehr irgendwelche Ampullen und Zauberbücher, sondern sauberes Pulver oder lustige bunte Pillen. Und auch dem Studenten erscheint dann irgendwann der Teufel…oder Elvis…oder auch nur ein rosa Kaninchen. Und dann geht’s raus auf die Wiese, splitternackt obwohl’s, ja grad erst Frühling geworden ist – „Hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein!“

Das pure Leben? Hätte man auch einfacher bekommen können. Einfach mal früher die Nase aus den Büchern nehmen. Goethe hat das schon vor über 200 Jahren gewusst.

Denn Goethe war gut.

Mittwoch, 8. Juni 2011

Öffnungszeiten

Öffnungszeiten an deutschen Universitäten sind eine Sache für sich. Zunächst einmal haben viele Büros nur am Morgen auf – was auf doppelte Weise ungünstig ist. Die paar übrig gebliebenen Magister oder Diplomer liegen zu der Zeit nämlich noch im Bett und schlafen ihren Rausch vom Vorabend aus – die Bachelor und Masterstudenten hingegen sitzen da ja schon wieder an der Uni – die erste von fünf Veranstaltungen an diesem Tag steht ja an.

Foto: pizzodisevo (CC-by-sa-2.0)
Klar, bei vier oder fünf Tagem die Woche, welche die meisten Büros ja immer noch aufhaben, wird sich mal eine freie Stunde finden, die in die Öffnungszeiten fällt – gäbe es da ja nicht auch noch den Urlaub. Das ist dann noch mal ein ganz besonderes Phänomen. Nicht nur, dass man sich als Normalsterblicher ständig fragt, wie man als Halbtagskraft auf gefühlte 80 Arbeitstage Urlaub im Jahr kommen kann – nein, diese gefühlten 80 Tage werden von vielen Mitarbeitern auch noch genau in die End- und Klausurenphase der Vorlesungszeit gelegt. Es ist ja schließlich nicht so, dass es viereinhalb Monate vorlesungsfreie Zeit im Jahr gäbe, wo der Andrang seitens Studenten und anderer Leute, die auf Sekretariate und sonstige offizielle Stellen angewiesen ist, nur halb so groß ist. Wo bliebe denn da der Nervenkitzel?

So auch bei mir, als ich vor kurzem für ein Formular leider Gottes drei Unterschriften beziehungsweise Stempel von drei verschiedenen Stellen brauchte – und die Odysee begann. An der ersten Bürotür begrüßte mich ein freundlicher Zettel, die Fachkraft sei für die nächsten sieben Tage im Urlaub, aber ja schon bald wieder da. Das hat mich nicht allzusehr abgeschreckt, rechnet man doch als erfahrener Student schon mit sowas. Die zweite Bürotür verkündete dann eine krankheitsbedingten Ausfall – zu großer Verzehr von Gurken und Sprossen in den letzten Tagen vermutlich – passiert. Leicht angesäuert machte ich mich auf durch die halbe Stadt zur nächsten Dienstelle und ja – da brannte sogar Licht. Doch in dem Moment, als ich freundlich anklopfen wollte, öffnete sich die Tür bereits, eine uuuunglaublich beschäftigt aussehende Mitvierzigerin verließ das Büro – und mich verließen die Nerven. Nicht, als diese nette Dame mir erklärte, ich müsse leider warten, sie hätte jetzt eine wichtige Besprechung. Auch noch nicht, als sich die nette Dame in Richtung Kaffeemaschine aufmachte. Nein, erst als ich aus der Ferne hörte, wie diese nette Dame mit der noch netteren Dame zwei Türen weiter über die neusten Gerüchte aus Europas Königshäusern diskutierte, platzte mir der Kragen.

Ich will doch nur dieses scheiß Formular unterschrieben haben“, rutschte mir heraus. Worauf ich mir einen Vortrag darüber anhören dürfte, dass ich keine Sonderbehandlung zu erwarten hätte, schließlich sei man, wie ich sehen könnte, dieser Tage nun mal sehr beschäftigt.

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Wahrscheinlich hat sich der nette Kollege aus Zimmer 1 wegen genau dieser Beschäftigung in den Urlaub verzogen und Kollege aus Anlaufstelle 2 freiwillig tonnenweise Gurken gefressen.

Warum verbeamten wir nicht einfach alle Hochschul-Sekretärinnen? Warum? Na, dann hätte man wenigstens eine ganze Palette von Witzen, die man in einer solchen Situation zum Besten geben könnte.

Mittwoch, 1. Juni 2011

Dozenten

Dozenten haben viele Aufgaben. Von denen sie die einen eher lieber, die anderen eher nicht so gerne erledigen. Die Lehre gehört bei vielen leider zu letzterem. Kein Wunder. Haben doch die meisten Dozenten ursprünglich kein Lehramt studiert und da gelernt, wie man lehrt, sondern viel eher VWL oder Politikwissenschaft, weil ihnen einfach nichts Besseres eingefallen ist. Und dann sind sie irgendwann später auf diese schiefe Bahn mit der Lehre gekommen. Gott sei Dank, nimmt die ja seit Bologna an der Uni immer mehr ab. Denn kompaktere, oberflächlichere und vor allem weniger Kurse aufgrund der Studienzeit auf sechs Semester = weniger Lehraufwand. 

Aber diese Art von Dozenten macht natürlich auch wieder nur einen Teil des akademischen Personals aus. Denn auch hier gilt: Evolution ist überall. Und Evolution führt auch im Gattungsgebiet des Dozenten zu den unterschiedlichsten Arten. Die gängigsten möchte ich hier vorstellen.

       1. Der auf die schiefe Bahn Geratene
Der auf die schiefe Bahn Geratene hat sich, wie oben beschrieben, nie vorgenommen, in der Lehre zu enden und ist doch genau dort gelandet. Denn der Weg zur Besoldungsklasse W3 ist steinig – und gepflastert mit Studenten, die alle die Unverfrorenheit besitzen, etwas beigebracht bekommen zu wollen. Für den Studenten bedeuten Seminare mit dem auf die schiefe Bahn Geratenen: Null Input, langweilige Sitzungen nach Schema F und viel Eigenregie.

2. Das Alphatierchen
Das Alphatierchen tut alles, um nach vorne zu kommen – und gibt sich deshalb auch in der Lehre ordentlich Mühe. Das Ergebnis sind dann oftmals Sitzungen, die an eine Lehrprobe für Schulreferendare oder aber den Ausflug zur Erlebnispädagogik erinnern. Für den Studenten ist das Alphatierchen aber an sich gutartig.

3. Der Kumpeltyp
Der Kumpeltyp ist der perfekte Dozent: Noch halbwegs in der Altersklasse der Studenten, angemessener Unterricht und das wohlige Gefühl vermittelnd, mit dem würde ich auch einen Trinken gehen – was der Kumpeltyp auch gerne macht. Vorausgesetzt, er bekommt einen ausgegeben.

4. Der Pedant
Unter allen Dozentengattungen ist der Pedant mit Abstand die heimtückischste. Der Pedant hat jede Folie perfekt geprobt, lässt sich nicht durch störende Zwischenfragen aus dem Konzept bringen und ist zu allem Übel nicht ganz so schlecht in Mathe. Obwohl er das ja eigentlich auch nicht studiert hat. Auffälligstes Merkmal: Der Pedant rechnet gerne ECTS-Punkte in Arbeitsstunden um. „Lassen Sie mich überlegen, sie bekommen für diesen Kurs 6 ECTS Punkte, das bedeutet 180 Stunden Arbeitsaufwand. Bei 14 Semesterwochen sind das also genau 12,857 Stunden, die sie wöchentlich für diesen Kurs aufbringen können. Sie haben zwei Texte gelesen und hier eineinhalb Stunden gesessen…es ist also noch Platz für diese drei Aufgaben und ein kleines Essay.“

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Durch dieses Verhalten gehört der Pedant zum bevorzugten Fotoabdruck auf den heimischen Darttafeln der Studenten. Vorausgesetzt diese haben Zeit, überhaupt Dart zu spielen. Haben sie das Pech, in einem Semester ausschließlich an Pedanten geraten zu sein, sind nämlich die 30 ECTS-Punkte, die es durchschnittlich in einem Semester gibt, auch wirklich 900 Arbeitsstunden.

Was einer schlanken 64-Stunden-Woche entspricht.