Freitag, 29. Juli 2011

Sonntagsfahrer

Was ist das größte Übel in der Welt nach Kriegen, Hungersnöten und Justin Bieber? Genau: Sonntagsfahrer. Vor allem freitags. Da möchte der autorisierte Student – also der Student mit Auto – nämlich, wie übrigens alle anderen Pendler und Wochenendeheimfahrer auch, nach getanem Wochenwerk möglichst schnell nach Hause.

Foto: hamburgerjung (CC-by-nc-sa-2.0)
Und genau dann schlagen sie eiskalt zu: Die Sonntagsfahrer. Früher nur am Wochenende aktiv, scheinen diese munteren Zeitgenossen des Straßenverkehrs ihr Tätigkeitsfeld inzwischen längst zum Montags-, Mittwochs- oder Freitagsfahrer ausgebaut zu haben. Steigende Altersvitalität und Doppelherz machen’s möglich.

Eine stark frequentierte, aber leider nur zweispurige Autobahn an einem ganz normalen Freitagnachmittag in Deutschland: Die komplette rechte Fahrspur ist dicht mit LKW, auf links schlängelt sich der Rest mehr schlecht als recht durch den Verkehr – aber immerhin nicht langsamer als 120 Stundenkilometer. Doch dann sehe ich ihn –  rund 400 Meter vor mir: den Klassiker, den ultimativen Schrecken aller in angemessener Zeit heim Wollender. Mercedes A-Klasse, am Steuer entweder Er, 60+, gemütliche Figur, schütteres Haar (wenn überhaupt noch vorhanden), oder aber Sie, ebenfalls 60+, obwohl nach eigenem Selbstverständnis natürlich höchstens 50+. Rein äußerlich aber irgendwie eher 70+.

Ich möchte noch schreien: „Tu’s nicht!“ – doch zu spät. Mit einer unglaublichen Ruhe und Selbstbeherrschung reiht sich das Auto so circa sechs Wagen vor mir  langsam vom rechten auf den linken Fahrstreifen ein. Auf diesem angekommen, wird dann schnell alibimäßig der Blinker links angetippt, während vor mir schon ein fröhlich funkelndes Meer aus Bremslichtern aufleuchtet.

Und schon wir sind bei Tempo 90 angekommen. So schnell fahren die LKW auf rechts übrigens schon die ganze Zeit. So viel zur Überholdauer. 

Mein Puls ist nun höher als die Geschwindigkeit. Und wie wahrscheinlich alle anderen Fahrer vor mir, stimme ich den Klagegesang an. Jaja, „freie Fahrt für freie Bürger“, klar, aber doch nicht mit 90 auf dem linken Fahrstreifen. Und erst recht nicht Freitagsnachmittags.

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Bis mir einfällt: Eigentlich bewundernswert. In unserer schnelllebigen, durch Bachelorstudium und Blitz-Karriereplanung verseuchten Zeit. Früher ging ja angeblich alles gemütlicher zu – aber muss man denn heute wirklich der Generation 60+ (alternativ 60+, die wie 70+ aussieht, aber sich für 50+ ausgibt) angehören, um mal buchstäblich einen Gang zurückzuschalten? Nein! Ich setze ein Zeichen. Und fahre, auch nachdem sich die A-Klasse wieder brav rechts eingeordnet hat, konsequent mit 90 weiter.

Zumindest bis der Fahrer im Wagen hinter mir seinerseits den Klagegesang anstimmt. Und das Ganze auch noch wunderhübsch mit seiner Lichthupe choreographiert.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Meerschweinchen

Meerschweinchen sind schon putzige Tierchen, oder? Diese Knopfaugen und dieses fluffige Fell. Hach.

Foto: WOAW (CC-by-nc-2.0)
Dennoch fragt man sich bei Meerschweinchen: „Was hat sich Gott oder die Evolution oder sonst wer dabei nun wieder gedacht?“ Ich meine, welchen tieferen Sinn erfüllen Meerschweinchen im Großen und Ganzen? Im Reigen des Lebens? Nein, „sie sind süß“ und „sie quieken so putzig“ sind definitiv keine rationalen Argumente für eine Daseinsberechtigung. Ok, man muss dem Meerschweinchen zu Gute halten: Man kann es essen. In Peru ist Meerschweinchen sogar Nationalgericht. Aber um satt zu werden, muss man schon eine Menge von diesen munteren Gesellen verspeisen. Ungünstig konstruiert. Zu klein. Meerschweinchen sind ein Rätsel.

Meerschweinchen sind wie iPads. Denn mal ehrlich, bislang konnte mir noch kein iPad-Besitzer wirklich glaubhaft erklären, warum er sich so ein Teil gekauft hat. Wo liegt der tiefere Sinn?

Diese Frage gilt übrigens nicht nur für Bachelorstudiengänge, sondern auch für die akademischen Titel, die für das erfolgreiche Bestehen eines solchen Blitzstudiums verliehen werden. Wo liegt der Sinn, fragt man sich auf hier oftmals. Beim Titel „Bachelor of Arts“ zum Beispiel, kurz „B.A.“: Den bekommen graduierte Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaftler. Nun gut, jeder, der mal Germanistik, MKW oder Politikwissenschaft studiert hat, wird zugestehen, dass dafür die Bezeichnung „Bachelor of Science“, also Bachelor der Wissenschaft, etwas übertrieben wäre. Aber warum in aller Welt Bachelor der KUNST? Ich meine, dass ist doch Hohn und Spott für alle van Goghs, Beethovens oder Led Zeppelins dieser Welt.

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Zugegeben, die Abkürzung B.A. spricht sich deutlich besser aus als „B.Sc.“ beim Science-Bachelor. Und liest sich damit deutlich besser auf der Außentür von Taxis („Taxi Schneider, B.A.“ Wow.). Aber das allein kann doch nicht die ultimative Antwort auf dieses Rätsel der Menschheit sein? Man sollte solchen Fragen wirklich tiefgründiger nachgehen.

Aber warum sechs Semester dafür studieren und auch noch einen Haufen Geld ausgeben? Wenn man sich schon mit ungelösten Fragen der Menschheit beschäftigen will, kauft man sich von dem Geld doch lieber ein iPad.

Oder gleich ein Meerschweinchen.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Sommer, Palmen...?

Es ist Sommer. Es ist heiß. Zu heiß. So heiß sogar, dass man nicht großartig viel arbeiten kann. Zumindest wenn‘s nicht grade mal wieder kalt ist. Und schüttet. Sommer in Deutschland eben. Irgendwie.

Foto: Visa1410 (CC-by-sa-3.0)
Wenn es dann aber mal so heiß ist, dass man nicht großartig viel arbeiten kann, ist das für Studenten natürlich schlecht. Nicht, dass die meisten Studenten körperlich arbeiten würden, wo denken Sie hin. Aber wie ein weiser alter Mann, seines Zeichens Fußballtrainer, neulich wieder zu mir sagte: „Auch geistige Arbeit ist Arbeit!“. Genau. Also nichts für den Sommer.

Die direkte Folge der Hitze ist dann die berühmte Sommersmüdigkeit. Tritt die ein, sind wir zu nichts mehr in der Lage – schon gar nicht fürs Studieren. Nichts geht mehr. Außer, dass man schnell in den Keller rennt, die Flasche Cachaça herauskramt, ein paar Limetten zerdrückt, daraus einen Caipirinha mixt, schnell noch ein Buch holt, die Sonnenbrille aus dem zweiten Stock nicht zu vergessen, dann noch schnell den tragbaren CD-Player suchen und ‘ne passende CD und sich dann in die Sonne legt. Sonst geht echt nix.

Moment, wenn ich mir‘s genau überlege: Gerade, als ich hier sitze, um mir wieder irgendeinen Blödsinn zum Bachelor aus den Fingern zu saugen, ist ja tatsächlich so ein heißer Tag. Gähn. Ich merks auch schon. Sommermüdigkeit. Und deswegen leg ich mich jetzt hier hin und mache gar nichts mehr.

Dann können auch die Sendeoberen endlich mal durchatmen. Denn während ich in der Sonne liege, sind sie auf der sicheren Seite. Keine Verleumdungsklagen von angepissten Bologna-Verantwortlichen, keine Regressforderungen…oder Klagen wegen Verletzung von Urheberrecht. Wegen falsch gesetzter Satzzeichen oder so.

Einfach Nichtstun, die Sonne genießen, vielleicht ein Zitroneneis...verdammt…war das nicht ein Song von den Ärzten? Urheberrecht...Andere Sorten wie Erdbeere, Aprikose, Melone oder Joghurt-Kirsch kommen natürlich auch in Betracht.
Nichtstun, Klappe halten.
Das ist des Pudels-Kern! Äh…hoffentlich melden sich die Goethe-Erben nicht gleich bei mir…

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Genug! Ich bechere jetzt einfach meinen Caipi und schalte ab. Bitte? Bechern! Nicht Bachelor. Ich hab definitiv nichts von Bachelor gesagt. Und auch nichts von inkompetenten Politikern, Verwaltungsangestellten, die Tag für Tag nichts auf die Reihe bekommen. Keine Chance für Verleumdungsklagen. Ruhe jetzt!

Ich leg‘ mich jetzt endlich in die Sonne und strecke die Beine von mir, wie der….nein, nicht wie der Studentenprinz! In Heidelberg sind die nämlich, was Urheberrecht betrifft, noch viel vorsichtiger…hab ich mir zumindest sagen lassen.

Mittwoch, 6. Juli 2011

? (Fragezeichen)

Wenn man das Ganze mal ganz nüchtern betrachtet: Wem haben wir Bologna, Bachelor und Master und das ganze leidige Drumherum eigentlich wirklich zu verdanken? Irgendwelchen EU-Bildungsministern, Hochschulkommissionen oder sonstigen Welt“verbesserern“? Nein, die können eigentlich nur für die Umsetzung was. Den Auslöser muss man ganz woanders suchen: Bei den Langzeitstudenten.

Langzeitstudenten.
Boah. Der Abschaum der Menschheit. Könnte man zumindest denken, wenn man den Tenor in den meisten Medien so hört. Studieren jahrzehntelang Philosophie und Germanistik, liegen dem Staat auf der Tasche…und geben am Ende doch nur einen mittelmäßigen Taxifahrer ab. Da müssen ein paar Schlau-Beschränkte zwangsläufig irgendwann auf die Idee kommen, ein Turbostudium einzuführen.

Aber bevor hier jetzt eine regelrechte Hexenjagd auf Manni, den freundlichen, 39-jährigen Politik- und Philosophiestudenten von nebenan ausbricht: Er kann nichts dafür. Genau wie alle anderen. Er hat es nie anders gelernt.

Wie? Naja, auch hier müssen wir uns für die Grundlagenforschung wieder einmal weit in die Kindheit begeben. Genauer gesagt nach Rocky Beach.

Da gibt es nämlich drei Jungs, die Generationen von späteren Studenten das Langzeitgelerne quasi vorgemacht haben. Ich meine, hallo? Da ermitteln diese Kerle nun schon seit fast 50 Jahren und in inzwischen weit mehr als 150 Fällen – und trotzdem haben sie die High School nie verlassen. Seit 50 Jahren! So schlecht kann das doch gar nicht sein, denkt sich zwangsläufig jeder Schüler und Student.

Stellen wir uns das doch mal vor. Der Leser/Hörer wird eingeschult – Justus, Peter und Bob gehen zur Schule. Die Grundschule ist vorbei, die weiterführende Schule steht an – Justus, Peter, Bob? Immer noch Schule. Abitur bestanden – In Rocky Beach nichts Neues. Der spätere Langzeitstudent hat sich immerhin dazu durchgerungen, die Schule zugunsten eines Studiums einzutauschen – als er sieht, dass die drei Jungs aber immer noch zur High School gehen, entscheidet er sich jedoch endgültig, es ihnen gleich zu tun. Einfach dableiben

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Warum auch nicht? Justus hat es zwar in 50 Jahren nie zum High-School-Abschluss gebracht, weiß dafür aber so coole Sachen wie, dass Saturn eine so geringe Dichte besitzt, dass, würde man ihn in eine Badewanne werfen, er wie ein Stück Seife oben schwämme. Und über die Runden kommt er auch locker. Ohne Gehalt zu verlangen! Klingt doch gar nicht so übel, so ein Leben, denkt sich der spätere Langzeitstudent. Und verlässt die Uni so schnell nicht – vielleicht für die nächsten 50 Jahre.

Sucht die Schuld also nicht bei den armen Langzeitstudenten, sie können nichts dafür. Wendet euch mit euren Hasstiraden lieber an die drei Detektive.

Denn die übernehmen ja bekanntlich jeden Fall.