Mittwoch, 26. Oktober 2011

Sicherheit

Sicherheit ist eine tolle Sache. Am Flughafen, im Internet – und auch an der Uni. Nur, wenn man es mit der Sicherheit übertreibt, kann's schnell nervig werden. Wie an der Uni Mainz zum Beispiel.

Die hat inzwischen – obwohl in Rheinland-Pfalz gelegen – schon ein eigenes Internetportal, hab ich mir sagen lassen. Und dafür braucht jeder Student natürlich einen Benutzernamen und ein Passwort. Soweit so gut. Nur dann geht’s los: Um seinen Benutzernamen freizuschalten und ein Passwort festzulegen, braucht jeder Student erstmal einen PUK, also einen Zahlen-/Buchstabencode. Den kriegt jeder normal jeder Ersti mit der Post zugeschickt. Aber natürlich nicht mit den Unterlagen, die jeder nach der Einschreibung bekommt. Sicherheit und so. Sondern separat zugeschickt.

Außer den Erstis, die ihn nicht mit der Post zugeschickt bekommen. Weil die Uni es trotz rechtzeitiger Rückmeldung nicht geschafft hat, die Studenten rechtzeitig einzuschreiben. Und die darüber natürlich nicht informiert wurden. Und sich in der Veranstaltungsanmeldungsphase wundern, warum sie eigentlich immer noch keinen Zugang haben. Gut.

Wer von diesen Studenten sich die Mühe macht und sich bei der zuständigen Stelle durch die Telefonschleife kämpft, der darf sich seinen PUK dann irgendwann auf dem Campus abholen. Und dann geht’s endlich los? Ähm, nein. Denn wichtige Sachen, wie Prüfungsanmeldungen, brauchen – genau – Sicherheit. Und die kann man deswegen im Portal nur tätigen, wenn man einen TAN, also wieder einen Sicherheitscode, eingibt. Die TANS gibt’s auch auf dem Campus. Natürlich in einer ganz anderen Ecke, aber hey.

Also es kann ja sein, dass das sicherheitstechnisch grob fahrlässig ist, aber an anderen Unis bekommt jeder seinen Benutzernamen und sein Passwort einfach mit dem Studentenausweis und dem ganzen Kram zugeschickt. In Mannheim zum Beispiel.

Ok, in Mannheim könnte die Erklärung, warum sich keiner um Sicherheit und Datenschutz kümmert, einfach daran liegen, dass in diesem Feld die meisten Absolventen da später mal ihre Kohle machen. Datenschutz und Marketing passen jetzt bekanntlich ja nicht sooo gut zusammen.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Einen Vorteil hat das hochmoderne Holen-Sie-da-einen-Code-und-da-eine-Liste-machen-Sie-beim-Einloggen-alle-Rolladen-zu-und-durchsuchen-Sie-vorher-ihre-Wohung-auf-Wanzen-System in Mainz ja schon, so zumindest meine Theorie: Ein Ersti hat schon nach der Einführungswoche den ganzen Campus und die halbe Stadt kennen gelernt.

Und sein Account ist auch noch ab-so-lut sicher.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Sitzen

Zu den netten Sachen, die es früher mal an der Uni gegeben hat und die langsam aussterben, gehören auch Sitzscheine.
Foto: mkorsakov (CC-by-nc-sa-2.0)

Sitzscheine.
Man setzt sich irgendwo hin und wird dafür belohnt. Undenkbar in Zeiten, in denen alles an der Uni irgendwie mit irgendwelchen Credits belohnt werden muss und man am besten schon nach der Begrüßungsrede des Rektors die erste Prüfungsleistung abliefert.
Sitzscheine! Ohne Prüfung!

Wie hat es mal ein netter holländischer Professor von mir ausgedrückt: „In Deutschland kann man sogar dafür belohnt werden, dass man irgendwo rumsitzt. Das kennen wir Holländer gar nicht.“
Naja, darüber kann man jetzt streiten. Das wird jeder bestätigen können, der schon mal hinter einem holländischen Wohnwagen hergezuckelt ist. Der Fahrer sitzt im Prinzip auch nur auf der Straße rum, bewegt sich zumindest nicht merklich. Und wird dafür belohnt: Mit einer mautfreien deutschen Autobahn statt in Frankreich gen Süden zu…zuckeln.
Dann aber keine Sitzscheine an der Uni haben.

Aber die Deutschen lieben nun mal das Rumsitzen. Nicht nur an der Uni. Viele meiner ehemaligen Klassenkameraden, die meisten davon werden heute Lehrer – also quasi die Grundpfeiler der deutschen Bildung von morgen – waren schon während ihrer Schulzeit ein wahrer Meister im Sitzen….bleiben.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Die Deutschen lieben das Rumsitzen.
Außer natürlich beim Fußball. Da ist Sitzen für den Arsch. Und das nicht nur auf den Stehplätzen. Nein, wenn’s mal richtig abgeht im Stadion, sitzt niemand mehr. Egal wie scheißteuer die Plätze sind und obwohl die Eintrittspreise obendrein auch noch immer weiter steigen.

Und genau da haben die Unis sich das Ganze wohl auch abgeguckt: Die haben die Eintrittspreise nämlich vielerorts auch erhöht – gleich mal so um die 500 Euro im Semester – aber dazu auch gleich das Sitzen abgeschafft.
Is‘ ja eh für‘n Arsch.

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Innovationen

Im Hunsrück finden aktuell die „Hochwälder Kartoffeltage“ statt. Das ist nun höchstens für den Auswärtigen etwas Verwunderliches, schließlich würde der Rheinland-Pfälzer für seine geliebten „Grumbiere“ alles tun – wenns sein muss, sogar einen Feiertag einführen.

Foto: Rasbak (CC-by-sa-3.0)
Viel interessanter ist jedoch das Programm dieser Kartoffeltage: „Kinder-Kartoffelernte“ wird da als großes Higlight angekündigt.
Mhjoa. Früher nannte man das glaub ich – ja, Kinderarbeit.
Heute macht man ein Event daraus.
Ist ja eigentlich nur richtig bei den ganzen verwöhnten, fettleibigen Göhren, die den ganzen Tag nur vorm Computer und der Glotze liegen und denken, dass Kühe lila sind und Frühstückseier an Bäumen wachsen. Raus auf den Acker.

Neue Zeiten bringen neue Geschäftsideen. Ist doch auch im Bachelor so. Seit es das schnelle Studium, den unglaublichen Leistungsdruck und Bullämie-Lernen gibt, kriechen die gewitzten Geschäftsmänner nur so aus ihren Löchern. Die sind ja auch nicht blöd. Haben ja schließlich noch auf Diplom oder Magister studiert.

Da gibt es zum Beispiel Plattformen im Internet, auf denen Studenten die Exzerpte, Vorlesungsmitschriften oder Notizen anderer Studenten herunterladen können – natürlich gegen Bares. Oder natürlich der beliebte Singlemarkt für „Akademiker und Leute mit Niveau“. Bachelorstudenten sind einsam.

Dennoch – ganz ausgeschöpft sind die Möglichkeiten, die der neue Bachelor-Markt bietet, noch lange nicht. Ich hätte da noch jede Menge Ideen.
Man sollte doch zum Beispiel mal endlich die Kaffee-Infusion patentieren lassen und großräumig vermarkten. Schon zu Weihnachten könnten die Läden voll sein. Wenn man es nur richtig anpackt.
Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Oder wie ist es mit dem praktischen Augenaufhalter? Man müsste nie mehr harmlose Streichhölzer missbrauchen! Der vollautomatische Unterschriftenfälscher für Anwesenheitslisten? Tabletten gegen Magenbeschwerden nach dem Essen in der Mensa? Plüschbesetzte ECTS-Punkte-Sammel-Täschchen?

So schwer kann das doch nicht sein. Wenn selbst die Hunsrücker Kartoffelbauern auf innovative Ideen kommen.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Erwartungshaltung

Die moderne Popkultur hat einen großen Einfluss auf unser tägliches Leben. Auch auf die Uni.

Foto: Alesa Dam (CC-by-nc-sa-2.0)
Da bekomme ich doch letztens tatsächlich mit, wie sich zwei Studentinnen, augenscheinlich Erstis, miteinander über ihre Professoren unterhalten. Und die Erwartungen, die sie vorher hatten. Die Erwartungen, die sie aus Harry Potter hatten. Mhja.

Ich hab dann leider nur die Augen verdreht und bin weitergegangen – ein Fehler, den ich inzwischen doch sehr bereue. Ich hätte viel lieber fragen sollen: „Wie habt ihr euch denn eure Professoren vorher vorgestellt? Wie der fiese Professor Snape oder wie die gutmütige Professor McGonagall? Oder doch eher wie die total bekloppte Professor Trelawney?“ Also die mit der riesen Brille, dem Struwwelkopf und den Kristallkugeln. Und dem Schuss halt.

Aber keine Sorge: egal, wie sich die beiden Studentinnen ihre Professoren, gründend auf ihren empirischen Beobachtungen aus Harry Potter, auch vorgestellt haben mögen – für alle drei oben genannten fällt mir ohne große Probleme sofort ein Pendant an der Uni im echten Leben ein. Also fies, gutmütig oder total bekloppt. Schön, dass sich Erwartungen im Leben so oft erfüllen.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Hoffen wir nur, dass die beiden Erstis – müsste das bei der ganzen Political Correctness von „Studierendenwerk“ bis „Bachelorette“ nicht eigentlich „Erstinnen“ oder so heißen? Also, hoffen wir, dass diese beiden Mädels nicht noch mehr Erwartungen aus ihren TV- und Filmerfahrungen an die Uni mitgebracht haben.
Wäre doch traurig, wenn sich der Hausmeister im Wohnheim plötzlich als der Hausmeister aus „Scrubs“ entpuppt.
Oder die Computer im Methodenlabor als „HAL 9000“ aus „Odyssee im Weltraum“.
Oder der nette Onkel Vermieter als „Norman Bates“ aus „Psycho“.
Dann aber gute Nacht beim Duschen.

Muss doch nicht sein.
Professoren mit Kristallkugeln sind doch wohl nun wirklich schon genug.