Mittwoch, 25. Januar 2012

Eiszeit

Jetzt, wo viele Studenten wieder so langsam zum Semesterbeginn in Mannheim eintrudeln, steht der ein oder andere mal wieder vor der allwinterlich gleichen Situation. Denn bei diesen Energiekosten kann man natürlich nicht für vier Wochen eine menschenleere Wohnung heizen – wo kämen wir denn da hin?

Foto: Richard Harvey (CC-by-sa-3.0)
Also wurde die Heizung kurzerhand vor Weihnachten abgedreht, der Kaktus noch einmal gegossen und der Kühlschrank ausgestöpselt. Die länger haltbaren Sachen musste man übrigens nicht ausräumen. Oder gar das Gefrierfach abtauen. Wieso denn auch? Nach ein paar Tagen ist schließlich die komplette Wohnung kälter, als es ein elektronisch gekühltes Gefrierfach je sein könnte.

Ganz besonders cool finden das übrigens Mücken und anderes Kleingetier. Die fahren im Kaktustopf Schlittschuh. Also sind gefahren. Bis sie festgefroren oder elendig verkühlt sind.
Jetzt ist der Kaktustopf eher ein gläsernes Massengrab.

Aber sie hatten wenigstens was von dem Wasser. Der Kaktus selbst weniger. Er ist allem Anschein nach schon innerhalb der ersten drei Tage verendet. Durch die dick vereisten Scheiben kam wohl einfach nicht mehr genug Sonnenlicht. Photosynthese und so.

Der Student macht sich nun aber erst einmal daran, die Wohnung wieder auf Zimmertemperatur zu bringen. Was in der dicken Klamottenschicht aus langen Unterhosen, Skianzug, Thermojacke, Kamelhaarmantel und den drei Paar Handschuhen gar nicht mal so einfach ist.

Heizung auf Vollgas, zur Unterstützung den Backofen auf 220 Grad, Backofentür natürlich offen. Und nach 24 Stunden ist die Wohnung dann auch schon wieder halbwegs warm. In einem Neubau, wohlgemerkt. Im Altbau mit 4 Meter hohen Räumen nach so 48 Stunden. Und einer Nacht, die man auf dem Kleiderschrank geschlafen hat. Die Wärme steigt ja schließlich erst mal nach oben.

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Achso, bleiben natürlich noch die völlig vereisten Wasserleitungen. Sollte mit einem kleinen offenen Feuer an oder unter den entsprechenden Stellen relativ einfach zu lösen sein. Geht natürlich nur noch, bis Rauchmelder dann wirklich in allen Häusern zur Pflicht werden. Dann muss halt der Fön herhalten.

Wie? Bis es dann mal wieder annähernd 18 Grad in der Wohnung sind, hat man dreimal so viel Energie verbraucht, als hätte man die Heizung einfach die vier Wochen auf der niedrigsten Stufe laufen lassen?
Klar.

Aber wer heizt schon vier Wochen lang eine menschenleere Wohnung?

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Mittwoch, 18. Januar 2012

Sitcom

Mit Humor geht Vieles leichter.
Hat sich wohl auch ein Uniprofessor gedacht, als er diesen Tipp neulich seinen Studenten gegeben hat. Nachdem das Uni-Portal mal ganz entspannt alle Studenten seines Kurses von der Prüfung abgemeldet hatte.

Nun ist an diesem Lebensmotto sicherlich was dran, aber es soll ja auch Studenten geben, die nicht gerade eine Rheinische Frohnatur sind oder sogar so desillusioniert, dass sie den Pannen, die ihnen Tag für Tag begegnen, vielleicht nicht mehr mit dem super Humor begegnen können.
Echt blöd.

Aber da müsste man doch was tun können, dass da wieder Stimmung in den Laden kommt. Grade mit den heutigen technischen Mitteln. Hat doch eh jeder ein Smartphone. Wieso dann nicht einfach eine Humor-App? Mit der kannst du dann ganz leicht unter jede Situation so ein Sitcom-Lachen legen. Man drückt drauf und schon – Gelächter.
Ob das Ganze nun lustig ist oder nicht.

Der Student fällt aufgrund der Tatsache, dass er drei Klausuren an einem Tag hat, zum dritten Mal durch eine Prüfung und wird exmatrikuliert – Gelächter.
Das Portal stürzt wieder mal genau zur Veranstaltungsanmeldung ab – Gelächter.
Der Beamer in der Vorlesung gibt mal wieder den Geist auf – Gelächter.

Gerade bei diesem Beispiel sieht man doch, wie viel Potenzial diese App hätte! Denn wenn der Professor dann versucht, einen lockeren Spruch zu machen, über den aus Übermüdung, Desillusion oder ganz einfach wegen Dämlichkeit kein Schwein gelacht hätte – so à la „Dem geht heute kein Licht mehr auf…“ – Gelächter.

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Und wenn dann der nette, aber doof dreinblickende Haustechniker nach dem verzweifelten Anruf des Profs den Raum betritt, drückt man einfach den „Beliebte-Nebenfigur-tritt-auf“-Button der App und schon – Applaus.

Und selbst, wenn die Regierung mal wieder entscheidet, dass der Professor, der so fröhlich Lebensweisheiten unter seine Studenten streut, mehr Steuern bezahlen muss oder sogar sein Gehalt kürzt – Natürlich, Gelächter.

Ja, mit Humor geht Vieles leichter.

Freitag, 13. Januar 2012

Kochen

Jetzt gehöre ich ja dieser Fraktion von Studenten an, die eigentlich keine Zeit haben, aber trotzdem gerne kochen. So selbst. Mit Arbeit. Und frischen Zutaten. Und deswegen hab ich mich auch grade wieder mit einer Monatsration Maggi Fix eingedeckt…naja gut, ja, frische Zutaten und Arbeit und so ist da jetzt nicht so...aber egal.

Foto: Mario Spann (CC-by-sa-2.0)
Was ich mich dann nur immer frage: Wie kommen die auf diese unglaublich abstruses Mengenangaben auf den Päckchen? Meistens übrigens „2-3 Portionen". Also bei mir reicht das wenn‘s hochkommt für eine. Und dann noch ein bisschen was über für den schnellen Mikrowellensnack am nächsten Tag. Wie, ich hab vorhin gesagt, ich koche immer frisch und selbst?
Pst!

An wem testen die diese Mengenangaben? An irgendwelchen Leuten aus der Sahelzone, deren Mägen schon so zusammengeschrumpelt sind, dass…nein, natürlich nicht, dass wäre ja auch politisch inkorrekt.
Ne, die Fleischprodukte werden wahrscheinlich an Vegetariern ausprobiert. „Königsberger Klopse? Aber ich ess' doch gar kein Fleisch…“ – „Klappe, deswegen reicht's ja auch noch für die anderen beiden da!“

Das ist doch wie mit diesen ECTS-Punkten, die an Veranstaltungen in Bachelormodulhandbüchern stehen. Nur, wo bei Maggi meistens weniger drin ist, ist‘s bei den ECTS-Punkten am Ende immer mehr. lch mein‘, wer kann vorher auch schon festlegen, dass dieser eine Kurs jetzt genau 6 ECTS-Punkte, also 6x30 Arbeitsstunden, also 180 Arbeitsstunden in Anspruch nehmen wird? Sitzen da irgendwelche gezüchteten Bachelorstudenten, in irgendwelchen sterilen Labors, hochgezogen, nur um in dubiosen Menschenversuchen die Anzahl von ECTS-Punkten herauszufinden, die man für einen Kurs braucht…bäah, das ist ja eklig.

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Fast so eklig übrigens wie die umgekehrte Unsitte: Wenn nämlich Dozenten anfangen, ihre Seminarinhalte auf die im Vorfeld festgelegte Anzahl ECTS-Punkte anzugleichen.

Und wo der Diplomer mit zwei Texten genug zu tun hatte, bekommt der Bachelor plötzlich zwei Texte mehr pro Sitzung – es fehlen ja noch ein paar Arbeitsstunden, damit der Aufwand letztlich auch den vorher festgelegten ECTS-Punkten gerecht wird.

Mittwoch, 4. Januar 2012

Bootcamp

Da können Sie zu jeder Zeit und an jedem Ort fragen: Die Deutschen sind gut im Jammern.
Die Crème de la Crème unter den deutschen Jammerern sind aber die Studenten.
Und auch unter denen trennt sich dann noch mal die Jammer-Spreu vom Jammer-Weizen.
Die mit Abstand erfolgreichsten Jammerer unter Studenten sind – Achtung, Trommelwirbel – die Lehramtsstudenten.

Foto: Stefan-Xp (CC-by-sa-3.0)
Klingt zugegebenermaßen im ersten Moment ein bisschen seltsam. Warum nicht die zukünftigen Spitzenmanager oder Fondspezialisten (sie verdienen ja später mal viel zu wenig für das, was sie leisten), warum nicht die Philologen oder Philosophen (Taxifahrer), oder gar die späteren Journalisten (Lebenserwartung)?

Nein, ausgerechnet diejenigen, die später einmal mindestens zwölf Wochen Urlaub im Jahr haben, absolut geregelte Arbeitszeiten und nach wie vor in überproportional hohem Verhältnis zu anderen Berufsgruppen ein durchaus passables Beamtengehalt?
Ja, das klingt definitiv ein bisschen seltsam.

Ich frag mich ja jedes Mal, wenn mir mal wieder ein zukünftiger Lehrer die Ohren volljault, dass sein späterer Job ja hochgradig unsicher ist, er mal nichts verdienen wird und – Achtung, Lieblingsargument – Kinder ja so schrecklich sind: Müssen Lehramtsstudenten eigentlich während ihres Studiums Kurse im Jammern belegen? So als Blockseminar in der ersten Vorlesungswoche zum Beispiel? „Jammer-Bootcamp für angehende Lehrerinnen und Lehrer“?

Wo dann der Ausbilder am Morgen reingepoltert kommt „Aufstehen, Sie Flaschen! 1, 2, 3…na los, wird’s bald? Na, warten Sie, aus Ihnen mache ich noch ‘ne Memme!“

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Und auf dem Lehrplan stehen dann so Dinge wie: „Ausgewogenes Jammern angesichts drohender Verbeamtung“, „Kreatives Heulen bei zu großer Belastung“, „Sich nicht von passablen Zukunftschancen aus dem Konzept bringen lassen“, „Geldsegen in der freien Wirtschaft – Armut im Staatsdienst“ oder natürlich der beliebte Klassiker „Erfolgreiches Simulieren aller erdenkbaren Infektionskrankheiten – so könnte es klappen.“

Anders kann man doch ein so ausgewogenes Jammern auf hohem Niveau gar nicht erreichen.