Mittwoch, 25. April 2012

Handy

Ich hab mir ein neues Handy gekauft. Nicht aus Spaß, nein, weil mein altes kaputt war. Denn das ist mir, kein Scherz jetzt, beim Kochen in die Soße gefallen. Es hat zwar noch eine kurze Zeit gezuckt, aber dann war’s hinüber. Ich kann nicht sagen, ob es groß gelitten hat. Aber es schmeckte auf jeden Fall nach Hähnchen-Curry.

Also musste ein neues Handy her. Und ich dachte, gut, kaufst du dir halt auch mal so ein Smartphone. Allein schon wegen dieser tollen Kalenderfunktion. Die können Studenten echt gebrauchen. Und natürlich gibt es auch sonst jede Menge nützliche Sachen – Bahnfahrpläne, Anti-Stress-Tipps und so weiter. Kurzum, alles was das Studentenherz begehrt.

Nur: Ich bin da vielleicht altmodisch, aber ich möchte mit meinem Handy auch immer noch ganz gerne telefonieren. Denn mein neues Smartphone kann zwar auf Knopfdruck Bud-Spencer-Sprüche raushauen, nur die Telefonfunktion…naja. Ich bin ja gar nicht anspruchsvoll, aber ich wär schon ganz froh, wenn man nicht nur Rauschen versteht, sondern ab und zu mal ein Wort des Gegenübers.  Aber an der Tonqualität muss man anscheinend sparen, wenn man will, dass man das Handy auch als Maschinengewehrattrape benutzen kann.

Immerhin: An das Wählen übers Touchpad hab ich mich ja inzwischen gewöhnt. Bisher kannte ich ja nur Tasten. Aber es klappt jetzt mit diesem Touchscreen. Blöd ist’s nur immer, wenn man mit der Wange das Gespräch ausschaltet.

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Aber hey, es sieht nett aus. Und kann im Lokal rote Bohnen bestellen wie Terence Hill. Und ich kann damit sicher auch Jodeln lernen. Oder Dosen durch elektromagnetische Wellen öffnen. Das ist modern. Und wenn’s modern ist, dann ist es auch toll. Punkt. Das ist wie mit so einem Bachelorstudiengang. Es kommt nicht unbedingt auf den Inhalt an, wenn’s von außen ganz nett und modern aussieht.

Außerdem: Es reicht doch, wenn man als Bachelor seine Vorlesungen in den tollen Kalender speichern kann. Zum Telefonieren hat man ja sowieso gar keine Zeit.

Mittwoch, 18. April 2012

Hungerstreiks

Mit leuchtenden Augen und Stolz in der Stimme erzählt mein Professor, wie er als Student protestiert hat. Nein, nicht etwa als 68er – vorher. Ich würde mal tippen: viel weiter vorher. Und es ging damals laut ihm auch nicht um Demokratie, Mitbestimmung und den ganzen Kram. Es ging um viel Elementareres.
Es ging ums Essen.

„Wir haben einen Hungerstreik gemacht und sind spontan zur Verwaltung marschiert“, erzählt mein Professor. Ja klar, es sei damals „nur ums Essen“ gegangen – ja, aber es ging immerhin überhaupt um etwas!

Heute? Mal ganz davon abgesehen, dass das Essen in der Mensa heute das geringste Problem der Studenten ist und sich die meisten wohl längst damit abgefunden haben – um die Streikmoral unter Studenten steht es schlecht. Und wenn dann der Unmut doch einmal kundgetan wird, dann, naja…maximal auf Facebook.

„Boah. Arbeit, Arbeit, Arbeit. Kein Bock mehr auf den scheiß Bachelor xP“, schreibt Student A – und erntet binnen Sekunden 27 „Gefällt mir“s.
„Hast Recht! Lass uns was dagegen unternehmen! *angry*“, kommentiert Student B.
„Ok. Gleich?“, fragt Student A.
„Geht nicht. Gleich kommt Grey’s Anatomy.“, antwortet Studentin C.
„>.< Morgen?“
„GNTM.“
„Hä?“
„Germany’s next Topmodel.“
„*rolleyes*”, schaltet sich nun Student D ein.
„OMG. Zu viel zu tun“, meint Student E.

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Bis sich schließlich alle darauf einigen, eine doodle-Umfrage zu starten, wer wann am besten Zeit hätte zum Protest. Und nach ein paar Tagen feststellen, dass eigentlich keiner irgendwann Zeit hat. Außer am Montag um 9. Da könnten fünf. Aber nur ‘ne Stunde. Zum gemeinsamen Brunch reicht’s vielleicht.

Auch heute geht’s halt irgendwie noch immer nur ums Essen.

Mittwoch, 11. April 2012

Schädlinge

In Deutschland geht die Angst um. Die Angst vor dem Gefurchten Dickmaulrüssler. Nein, das ist weder der bislang unbekannte, uneheliche Halbbruder von Wum und Wendelin, noch der Hauptdarsteller einer neuen Reality-Doku auf RTL II. Nein, der Dickmaulrüssler ist ein ganz, ganz fieser Gartenschädling. So’n ekliger schwarzer Käfer, mit kleinen gelben Punkten. Und laut Wikipedia mit „ohrenförmige[n] wulstartige[n] Gebilde[n]“ an den Fühlern. Waah!

Foto: Denny Bruck (PD)
Also gucken Sie sich das Vieh bei Google an. Von dem würde man eher keinen Gebrauchtwagen kaufen.

Gut, dass der Dickmaulrüssler auch gar keine Gebrauchtwagen verkauft, sondern sich viel lieber über deutsche Gärten hermacht. Und genau das ist das Problem. Er frisst nämlich die Wurzeln vieler Gartenpflanzen. Böse.
Und deswegen kann man aktuell in so nahezu allen deutschen Tageszeitungen auch Tipps darüber lesen, wie sich der Dickmaulrüssler ausrotten lässt. Er hat’s ja nicht anders verdient!

Schön, dass wir grade sonst keine anderen Probleme haben. Ich mein, ok, die ganzen Bürgerkriege sind jetzt auch alle schon wieder irgendwie so lange am Laufen, dass es langweilig wird, jeden Tag über irgendwelche neuen Toten zu berichten, die irgendwo in einer trüben Gasse irgendeines arabischen Hinterlandes erschossen wurden. Dass Günter Grass bei der Vermarktung seiner Bücher auf unkonventionelle Methoden zurückgreift, kennen wir auch schon. Und die Meldung, dass im vergangenen Quartal wieder mehr Bachelorstudenten psychologische Hilfe in Anspruch genommen haben, ist jetzt auch nicht wirklich ein neuer Hut.

Gaddafi ist tot, Ackermann ist auch bald in Rente. Klar, wir brauchen neue Feindbilder. Also ist der Gefurchte Dickmaulrüssler an der Reihe. Übrigens, wenn der uns zu langweilig werden sollte, hat er noch viele fiese Geschwister. Denn es gibt ja auch noch den Schwarzen Rüsselkäfer oder Kleeluzerne-Rüssler. Die sind aber anscheinend bisher einfach noch nicht straffällig geworden.

Oder haben einfach keinen so coolen Namen.
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Mittwoch, 4. April 2012

Kryptographie

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Foto: LittleJoe (CC-by-3.0)
Zugegeben, man muss nicht immer und überall nach versteckten Botschaften und Verschwörungen suchen. Manchmal heißt „Wir bieten zwei Tutorien mehr an, damit die Kurse nicht überlaufen sind“ ganz einfach genau das. Und es macht wenig Sinn, zu suchen, welche Veranstaltung stattdessen aus dem Angebot gestrichen oder welcher Hausmeister dafür entlassen wurde. Und ob die Mensa um das Geld wieder reinzuholen auf Analogkäse umgestiegen ist. Zumindest das hat sie eh schon längst getan.

Aber nun lernt man – wenn dann die Zeit dafür reicht – im Studium ja auch, zwischen den Zeilen zu lesen. Wenn man dabei die Entschlüsselung der wichtigsten Codes der Bologna-Sprache im Hinterkopf hat, umso besser.

„Wir tun alles was wir können, um die Situation für Studenten zu verbessern.“
„Wir tun, was wir können“ heißt in dem Fall: „Wir können doch nichts, was sollen wir also tun? Studenten? Törö! Oder: Leck mich am Allerwertesten…“

„Im Bachelorstudium lernen sie genauso viel wie in den alten Studiengängen – nur komprimierter.“
Heißt im Prinzip nichts anderes als „Wenn ich das oft genug wiederhole, glaubt’s mir irgendwann vielleicht sogar einer. Vielleicht verstehen Sie das ja auch gar nicht – und müssen erst einen Diplomer fragen, was ich meine. Finden Sie sich damit ab.“

Und natürlich einer meiner Lieblingssätze: „Der Bachelor ist ein praxisbezogener Studiengang.“ 
„Bei uns lernen Sie was fürs Leben: In der Arbeitsamtsschlange zu stehen ohne einzuschlafen, einen Termin beim Psychiater machen – und beim Institut für Sport kann man jetzt bald ganz praktisch den Taxischein in Wochenendkursen machen!“

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Merken Sie sich diese Sätze und vor allem ihre Entschlüsselung, sie werden Sie brauchen. Manchmal ist das Leben offenbar doch ein großes Rätsel. Gerade im Studium.

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