Donnerstag, 25. März 2010

Psychiater

Mein Psychiater hat sich ein neues Auto gekauft. Wen wundert's, kann er sich doch, seitdem er sich auf Bachelor-Studierende spezialisiert hat, vor neuen Patienten kaum retten.
Da ist dann schon mal so ein Ferrari drin – außerdem gab's ja die Abwrackprämie für seinen alten Opel Kadett. Hat dann auch nur noch schlappe 167.000 gekostet. Aber hey, er hat sich's verdient – denn sein Job ist echt hart.

Foto: ZeroOne (CC-by-sa-2.0)
Morgens „Ich kann nicht mehr“, mittags „Es wird alles zu viel“, abends „Ich springe“ – und mitten in der Nacht klingelt ihn regelmäßig Bernie, B.A.-Student Byzantinistik im 3. Fachsemester, aus dem Bett, denn – wollen Sie raten? – „er kann nicht mehr“. Wer würde sich da nicht die frustrierte Hausfrau, den ausgelaugten Karrieremenschen oder den guten alten psychopatischen Serienkiller zurück auf die Couch wünschen?
Aber zum Ausgleich hat er ja jetzt ein neues Auto. Also ab in den F430 – Gang rein, die Reifen quietschen, der Spritverbrauch schießt schlagartig auf 30 Liter die Stunde und schon geht's ab ins Grüne – weit weg von flennenden, sabbernden Fast-Noch-Teenagern, die aber schon in weniger als einem Jahr einen angeblich berufsqualifizierenden Abschluss in den Händen halten sollen – und natürlich Bernie.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Ganz so weit weg ist mein Psychiater dann doch nicht gekommen – kaputte Elektronik. Immerhin hat er das Ortsausgangsschild Mannheim gesehen – wenn auch nur am Horizont. Und die langen Schatten des Bologna-Prozesses konnte er erst recht nicht abschütteln. War er doch, als er dem knallgelben Abschleppwagen hinterher blickte, der seine Nobelkarosse zur nächsten Werkstatt brachte, einmal mehr an den Bachelor erinnert:

Sieht von außen ganz toll aus, aber die technische Umsetzung hinter der Fassade lässt zu wünschen übrig.