Mittwoch, 21. April 2010

Mager-Models

Man braucht nur, natürlich rein zufällig, über den Panorama-Teil einer beliebigen Tageszeitung zu stolpern (was nicht besonders schwer fällt, denn schließlich dürfte das inzwischen in nahezu allen deutschen Tageszeitungen der umfangreichste Teil sein) und schon liest man in regelmäßigen Abständen:
„Magermodel hungert sich zu Tode“
„Magermodel auf Laufsteg zusammengebrochen
 oder
„Magermodel fällt durch Gullideckel“
.
Dramatisch.

Foto: Reza Vaziri (CC-by-nc-2.0)
Aber die Modewelt hat längst reagiert. Laufstegsverbote für Mädchen mit weniger als 25 Kilogramm Körpergewicht – und Heidi Klum setzt in regelmäßigen Abständen Nachwuchs in die Welt. Denn schließlich bedeutet das für ganze neun Monate, nicht in die Mager-Sünder-Ecke gedrängt werden zu können. Die Modewelt scheint sich einig zu sein: Schluss mit abgemagerten Laufstegpuppen und Kotz-Fress-Sucht.

Ganz im Gegenteil zur Uniwelt. Keine Angst, Deutschlands Studentinnen und Studenten sind nicht zu dünn – höchstens der Wissenstand in ihren Hirnen nach sechs angeblich berufsqualifizierenden Semestern. Stattdessen macht sich dort eine ganz andere Art der Kotz-Fress-Sucht breit: Die Bachelor-Bulimie.
Jedes Jahr zur Prüfungszeit ist es das Gleiche: Unzählige Studenten fressen wenige Tage vor der Klausur – sofern sie nicht noch drei Referate und vier Essays vorzubereiten haben – Unmengen von Lernstoff in sich hinein. Nur um diesen wenig später wieder wohl strukturiert auszukotzen. Auf nimmer Wiedersehn versteht sich.

Zur Belohnung gibt es ein paar knackige ECTS-Punkte – und auf geht’s in die nächste Runde!
Wissen, was war das noch mal?
Wird aber ohnehin überschätzt.
Man kann auch ohne BWL-Kenntnisse eine Firma in den Ruin treiben – oder ohne Englischkenntnisse Außenminister werden.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Es gibt aber auch Studenten, die bei der ganzen Sache profitieren. Wie Bernie, B.A. Byzantinistik im 3. Fachsemester. Wissen, dass er ohnehin niemals mehr brauchen wird, muss er sich erst gar nicht auf Dauer aneignen.

Bologna hat auch seine guten Seiten.

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