Mittwoch, 21. Juli 2010

Reißverschluss

1891 erfand der US-Amerikaner Whitcomb Judson aus Chicago den Reißverschluss. Eine absolute Weltsensation. Hosen, die bisher nur mühsam mit Knöpfen, Schnüren oder Bändern zusammengehalten wurden, konnten von nun an in null-komma-nix geschlossen werden. Ein Fortschritt in der Menschheitsgeschichte, der in seinem Einfluss für ganze Generationen nur noch von der Mondlandung und der Erfindung von Nachmittags-Reality-Soaps übertroffen wurde .

Foto:  [ Tam Nguyen ] (CC-by-nc-sa-2.0)
Mit Erschrecken musste ich allerdings bei meiner letzten Shoppingtour feststellen, dass nahezu alle großen Modegeschäfte fast ausschließlich Hosen mit Knöpfen führen. Was soll dieser technische Rückschritt? Retrowahn vermutlich.
Aber hat irgendjemand die Kunden gefragt?
Nein. Natürlich nicht.

Es gibt nichts nervigeres als eine Hose, bei der man erst mal hunderte von Knöpfen schließen oder aufmachen muss – nicht nur, weil das, wenn es mal schnellgehen muss, im wahrsten Sinne in die Hose gehen kann (quasi die ganz persönliche Apollo-13-Mission.

Moment. Sie fragen sich jetzt sicher: „Warum erzählt der Typ nun schon seit ‘ner geschätzten Ewigkeit von Hosen?“
Gute Frage.
Vermutlich, weil ich mich selbst gerne das lese, was ich schreibe.

Hauptsächlich aber, weil H&M, Esprit und Co. wohl auf der Achse des Bösen direkt neben den Begründern des Bachelor/Master-Systems einzuordnen sind. Was die Tragweite betrifft, allerdings vermutlich weit in deren Schatten.

Das Grundprinzip ist aber dasselbe: wir haben ein super funktionierendes System – Hosen mit Reißverschluss oder eben Diplom- und Magisterstudiengänge – das wir einfach mal so über den Haufen werfen. Natürlich ohne die Leidtragenden zu fragen. Was rauskommt ist etwas, was vielleicht ganz hübsch aussieht, bei genauerem Betrachten aber eigentlich nur Probleme mit sich bringt.

Und warum das Ganze? Keine Ahnung.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Wahrscheinlich, weil die Verantwortlichen einfach Sadisten sind.
Und zitternde, schwitzende, vor der fünften Klausur in drei Tagen nervös vor dem Vorlesungssaal herumlaufende Studenten genauso gerne sehen, wie die Hosenhersteller zitternde und schwitzende Kunden, die verzweifelt vor einer Klotür versuchen, die letzten sieben Knöpfe ihrer Hose aufzubekommen.

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