Mittwoch, 25. August 2010

Schrumpfmond

NASA-Forscher haben herausgefunden: Der Mond ist geschrumpft. In der letzten Milliarde Jahre zwar „nur“ um 100 Meter im Radius – aber immerhin versucht es der Erdtrabant wenigstens, sich so gut es geht an aktuelle Trends anzupassen.

Foto: baerchen57 (CC-by-nc-sa-2.0)
Denn schließlich schrumpft ja alles heutzutage.
Das Bruttosozialprodukt, die Geldmenge in unseren Portmonees – und natürlich das Gesamtgehirnvolumen der Deutschen.

An letzterem ist übrigens nicht alleine der Bachelor schuld – sondern auch eine ganze Menge anderer aus den USA importierter Formate: „Mitten im Leben“, „Verdachtsfälle“ oder „We are Family“.

Fragt man sich eigentlich nur noch: Warum gibt es noch keine eigenen Bachelor TV-Formate? Die Voraussetzungen sind doch da:
Das Budget gewisser Privatsender schrumpft schneller als der Mond, genauso der Kontostand des gemeinen Studenten in Richtung Monatsende – wenn überhaupt noch was zum Schrumpfen da ist.

Warum also nicht ein paar ganz verzweifelte Bachelor aufsammeln und damit das Programm füllen?
Am Nachmittag läuft „Betrugsfälle – Überarbeitete Bachelorstudenten kaufen sich Hausarbeiten“.
Am Abend dann die große Show „Deutschland sucht den Super-Bachelor“, in der eine Gruppe von Bachelorstudenten darum kämpft, wer sich am schnellsten den Stoff von sechs Semestern in 180 Minuten Sendezeit in den Kopf hauen kann.
Und in der Nacht schließlich im Wechsel das „Bachelor Night Quiz“ mit kniffligen Fragen aus dem ersten Semester, die natürlich kein Auswendiglerner mehr beantworten kann und die „Sexy Bachelor Clips“, bei denen die Kleidermenge verzweifelter, geldknapper Bachelor-Studentinnen ständig schrumpft – natürlich schneller als der Mond.

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gibt es auf www.radioaktiv.org
Der soll übrigens auch nicht zu kurz kommen: Wie wäre es mit einer Sendung, in der Bachelorstudenten alle Verantwortlichen der Bolognareform auf den Mond schießen dürfen? Müsste dann aber schon bald auf Sendung gehen, wenn auf dem Mond noch genug Platz für alle sein soll – denn der schrumpft ja.

Mittwoch, 11. August 2010

Unterschrift

Seit die Universitäten sämtliche Verwaltungsorgane mit webfähigen Computern ausgestattet haben, grassiert die Interneteritis. Jeder Angestellte, der den Kurs „Internet für Dummies“ bestanden hat, erledigt von nun an alle Aufgaben über das Internet. Die Folge: Die E-Mail-Postfächer der Studenten laufen über. Mit der weiteren Folge, dass besserer Spam (also alles, was Informationen zum Mensaessen, Bibliotheksöffnungszeiten, Asta-Veranstaltungen usw. betrifft) nicht mehr von wirklich wichtigen Dingen unterschieden werden kann.

Diese kommen nämlich seit neustem auch per Mail. Immatrikulationsbescheinigungen, Studiengebührenentscheide und sämtliche hochoffizielle Dokumente, die früher wahrscheinlich in Briefen mit Siegel und Stempel in doppelter Dreifachausführung versendet worden sind, landen jetzt im Postfach – vorausgesetzt, man hat nicht gleich für alle E-Mails mit der Formulierungen „Verwaltung@“ in der Absenderadresse eine Weiterleitung ins Spamfach eingerichtet.

Unter diesen Nachrichten prangert dann noch oft die Mitteillung „Diese Nachricht wurde automatisch erstellt und ist auch ohne Unterschrift gültig“. Klingt gut. So glaubwürdig. Kennt man außerdem noch von früher, als man ab und zu mal vom Amt, der Bundeswehr oder einer anderen unnötigen Institution eine allgemeine Mitteilung bekommen hat, die „maschninell erstellt und ohne Unterschrift gültig war“.

Im 21. Jahrhundert gibt es keine Schreibmaschinen mehr, deswegen heißt das jetzt „automatisch erstellt“. Zwei Worte, die in dieser Kombination beim Spamfilter übrigens Kammerflimmern auslösen. Und ein Grund, warum die ein oder andere Mitteilung dann auch mal einfach nicht ankommt.
Oder eine gute Ausrede, wenn man eine wichtige Mitteilung verschlampt oder nicht gelesen hat.

Das wirklich schöne ist aber, dass automatisch erstellte E-Mails noch leichter zu fälschen sind als früher maschinell erstellte Anschreiben. Säumnisgebühren, Exmatrikulation? Pff…da könnte ja jeder kommen und Geld von mir wollen, wenn er nur den berühmten Satz darunterschreibt.

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gibt es auf www.radioaktiv.org
Besser noch: Wenn Mitteilungen einfach so gültig sind, kann das jeder ganz genauso. Ich hab das dann auch mal gleich ausprobiert. Eine Mail ans Studienbüro, dass ich bestimme, dass ich von nun an keine Studiengebühren mehr bezahle. Und eine Mail ans Finanzamt, dass das gleiche auch für meine Steuern gilt. Mit der magischen Floskel dürfte es ja eigentlich keine Probleme geben.

Bin mal gespannt auf die Antwort…

Mittwoch, 4. August 2010

Digitale Revolution

Seit der Umstellung auf das Bachelor/Master-System ist das Internet das wichtigste Kommunikationsmedium geworden. Prüfungsanmeldungen, Klausurnoten, Veranstaltungswahl – alles läuft heute elektronisch. Sogar die gute alte Mitschrift in Vorlesungen wird durch das online Stellen von Präsentationsfolien auf einige wenige Ergänzungen beschränkt.

Willkommen im Zeitalter der digitalen Revolution.

Und ihren katastrophalen Folgen.
Jedes Jahr zur Klausurenzeit laufen Arztpraxen und Krankenhausnotaufnahmen über: Handgelenksverstauchungen, -brüche und sonstigen Verletzungen, die entstehen, wenn man eine bestimmte Bewegung einfach nicht mehr gewöhnt ist – in diesem Fall das Schreiben mit einem Stift auf Papier.

Schlimmer noch: Es soll sogar Klausuren geben, in denen von den Studenten keine inhaltlichen Nachfragen mehr gestellt werden, sondern eher solche Dinge wie „Wie geht noch mal ein S in Schreibschrift?“ oder „Kann man die Antwort nicht einfach irgendwo vom Blatt copyen und dann mit Strg+V in die vorgegebenen Linien pasten?“ Wahrscheinlich stammen diese Überlieferungen aus dem BWL-Bereich. Oder von den Byzantinistikern? Muss mal Bernie fragen.

Das Katastrophale aber ist eigentlich, dass dem modernen Bachelor-Studenten durch den Internetboom eine Menge guter, alter Studententraditionen durch die Lappen gehen.
Wie toll war es, wenn man als kleiner Junge die älteren Geschwister von Schulkameraden davon reden hörte, sie müssten da und da noch einen „Schein“ machen. Das klang doch irgendwie…cool. Heute? Scheine bekommen nur noch die Lehrämtler – wahrscheinlich weil sie noch nicht gelernt haben, wie man einen Computer einschaltet und bedient.

Meinen ersten (und bis heute einzigen) Schein habe ich sage und schreibe in einer Germanistik-Veranstaltung im dritten Semester bekommen – war wohl ein Versehen. Ich war so überrascht, dass ich mir das „Nein danke, bitte keine Werbeflyer“ nur gerade noch so verkneifen konnte. Wahrscheinlich hätte der Professor ähnlich reagiert wie der Dozent neulich, als man sich doch tatsächlich für eine Veranstaltung per Hand (!) in einer Liste eintragen sollte. Und ich ihn fragte, ob er mir wirklich versichern könne, dass ich durch die Unterschrift nicht irgendwelche dämlichen Zeitschriften-Abos ins Haus bekommen würde. Nach dem dritten Mal hat er mir gedroht, mich durchfallen zu lassen.

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gibt es auf www.radioaktiv.org
Hätte ich dann wahrscheinlich auch im Internet erfahren. Denn der Bachelor bekommt alle Noten übers Internet. Dank Systemfehlern nicht immer die richtigen – ok, wieder der ein oder andere unnötige Heulkrampf, Nervenzusammenbruch oder Suizidversuch mehr, aber wen interessieren denn die Einzelfälle irgendwelcher Immatrikulationsnummern in irgendeinem Computer?

Willkommen im Zeitalter der digitalen Revolution.