Mittwoch, 15. September 2010

Meister

In Rheinland-Pfalz kann man ab sofort ohne Abitur an einer Hochschule studieren. Wenn man vor der Handwerkskammer die Meisterprüfung erfolgreich abgelegt hat.

Die Opposition schreit, dass sei eine Entwertung des Abiturs. Aber mal ehrlich: Ist das nicht eh schon nicht mehr weiter abwertbar, seit Leute wie Lena Meyer-Landrut die Prüfungen bestanden haben?

Aber eigentlich brauch niemand Angst zu haben, dass die Meister nun den Abiturienten die Studienplätze wegnehmen. Denn mal ehrlich: Welcher Mensch, der etwas Anständiges gelernt hat, will sich nochmal mit denselben Bezeichnungen rumschlagen?

Studiert der Meister nach den Regeln der Kunst – und das heißt in der Regel „Bologna“ – dann macht der Meister erstmal seinen Bachelor. Dann ist der Meister kein Meister mehr, sondern „Junggeselle“. Das ist dann angeblich mehr Wert als der „Meister“ vorher. Dabei hat der ehemalige Meister, der jetzt Junggeselle ist, doch das letzte Mal, als er ein „Geselle“ war, seinem Meister Kaffee kochen und die Zeitung vom Kiosk holen müssen. Ist er jetzt noch nicht komplett verunsichert und studiert weiter, dann wird der frühere Meister, der jetzt ein Bachelor ist, nach vier Semestern wieder zum Meister…äh Master.
Meister halt. Übersetzt.

Welcher ehemalige Junggeselle, der dann Meister wurde, nur um als Geselle seinem Master Kaffee…. Ach, da kommt man aber auch durcheinander. Also langsam: Ein Geselle, der durch eine Prüfung zum Meister wird, dann durch ein Studium aber wieder zum (Jung)gesellen, bis am Ende wieder ein Meister rauskommt. Wert tut sich freiwillig so eine Wortklauberei an?

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Es ist bestimmt irgendwie gerechtfertigt, dass Meister unbeschränkten Hochschulzugang bekommen – zumindest auf der anderen Rheinseite. Aber damit das System auch jeder versteht, sollten wir schnell noch europaweit die Bezeichnungen an das neue Studienenglisch anpassen. Journeyman und craftsman oder so. Und am besten, wenn wir eh schon dabei sind, auch die Ausbildungszeiten ein bisschen anpassen – was natürlich verkürzen heißt.

Und weil Rheinland-Pfalz das Ganze angestoßen hat, treffen wir uns am besten nicht in Bologna, sondern in Oggersheim. Da kennt man sich mit Englisch aus und hat schon früher bei Palzwoi un Saumage Weltpolitik gemacht.

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