Donnerstag, 14. Oktober 2010

Gruppendynamik

Samstag. Kurz nach halb 4. Westkurve, Fritz-Walter-Stadion Kaiserslautern.

Es ist schweinekalt, das Spiel ist grottenschlecht und ich stehe mir die Beine in den Bauch. Ich frage mich nicht nur, was ich hier eigentlich mache – als Frankfurt-Fan – sondern auch, wie es sein kann, dass viele junge Menschen so für Stimmung sorgen.

Foto: Der Toco (CC-by-nc-nd-2.0)
Als dann erneut lautstark gepfiffen und gebuht wird, als der gegnerische Spieler mal wieder Zeit schindet (während er mit dreifach gebrochenem Unterschenkel vom Platz getragen wird) frage ich mich: Warum klappt hier, was bei Studentenprotesten so kläglich scheitert?

Seit Bologna ist der Großteil der Studenten doch auch jung (es gibt ja keine 24.-Semester mehr) und mit dem Bachelor gibt es sogar ein Ziel, dass man noch sehr viel schöner ausbuhen und auspfeifen könnte, als den Zeitschinder. (Der übrigens gerade in den Krankenwagen verfrachtet wird.)

Warum klappt also im Stadion, was in der „realen“ Welt nicht klappt, obwohl dort nicht nur der Klassenerhalt auf dem Spiel steht sondern etwas niocht ganz Unbedeutendes wie, naja, die eigene Zukunft?

Jetzt könnte man sagen, das im Stadion sind gar keine Studenten. Stimmt so nicht. Da sind sogar sehr viele Studenten drunter, habe ich mir sagen lassen. Man könnte auch sagen, das ist ein Mannheimer Phänomen. Seit Waldhof Mannheim nicht mehr tiefer sinken kann, haben die Fußballfans unter den Studenten einfach das Pfeifen verlernt. Auch das stimmt nicht, da der gemeine Waldhoffan ohnehin schon seit Jahren heimlich nach Lautern, Karlsruhe oder Frankfurt fährt. Woran liegt es also, dass Studenten im Stadion gegen „Missstände“ protestieren auf der Straße aber nicht?

Vielleicht fehlt ja in Deutschland was Streiks betrifft einfach das, was der gemeine Fußballfan seit seiner Kindheit im Stadion erlebt – die richtige Sozialisierung.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Darum mein Vorschlag: Wir versammeln alle überarbeiteten, aber bisher tatenlosen Studenten mit Fußballhintergrund in einem Stadion. Den Bologna-Verantwortlichen ziehen wir sexy Schiedsrichtertrikots an (am besten die rosafarbenen) und zeigen dann das Ganze auf Großleinwand. Public Viewing ist ja eh grade in.

Wenn dann der Funke immer noch nicht überspringt, weiß ich auch nicht mehr weiter.

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