Mittwoch, 8. Juni 2011

Öffnungszeiten

Öffnungszeiten an deutschen Universitäten sind eine Sache für sich. Zunächst einmal haben viele Büros nur am Morgen auf – was auf doppelte Weise ungünstig ist. Die paar übrig gebliebenen Magister oder Diplomer liegen zu der Zeit nämlich noch im Bett und schlafen ihren Rausch vom Vorabend aus – die Bachelor und Masterstudenten hingegen sitzen da ja schon wieder an der Uni – die erste von fünf Veranstaltungen an diesem Tag steht ja an.

Foto: pizzodisevo (CC-by-sa-2.0)
Klar, bei vier oder fünf Tagem die Woche, welche die meisten Büros ja immer noch aufhaben, wird sich mal eine freie Stunde finden, die in die Öffnungszeiten fällt – gäbe es da ja nicht auch noch den Urlaub. Das ist dann noch mal ein ganz besonderes Phänomen. Nicht nur, dass man sich als Normalsterblicher ständig fragt, wie man als Halbtagskraft auf gefühlte 80 Arbeitstage Urlaub im Jahr kommen kann – nein, diese gefühlten 80 Tage werden von vielen Mitarbeitern auch noch genau in die End- und Klausurenphase der Vorlesungszeit gelegt. Es ist ja schließlich nicht so, dass es viereinhalb Monate vorlesungsfreie Zeit im Jahr gäbe, wo der Andrang seitens Studenten und anderer Leute, die auf Sekretariate und sonstige offizielle Stellen angewiesen ist, nur halb so groß ist. Wo bliebe denn da der Nervenkitzel?

So auch bei mir, als ich vor kurzem für ein Formular leider Gottes drei Unterschriften beziehungsweise Stempel von drei verschiedenen Stellen brauchte – und die Odysee begann. An der ersten Bürotür begrüßte mich ein freundlicher Zettel, die Fachkraft sei für die nächsten sieben Tage im Urlaub, aber ja schon bald wieder da. Das hat mich nicht allzusehr abgeschreckt, rechnet man doch als erfahrener Student schon mit sowas. Die zweite Bürotür verkündete dann eine krankheitsbedingten Ausfall – zu großer Verzehr von Gurken und Sprossen in den letzten Tagen vermutlich – passiert. Leicht angesäuert machte ich mich auf durch die halbe Stadt zur nächsten Dienstelle und ja – da brannte sogar Licht. Doch in dem Moment, als ich freundlich anklopfen wollte, öffnete sich die Tür bereits, eine uuuunglaublich beschäftigt aussehende Mitvierzigerin verließ das Büro – und mich verließen die Nerven. Nicht, als diese nette Dame mir erklärte, ich müsse leider warten, sie hätte jetzt eine wichtige Besprechung. Auch noch nicht, als sich die nette Dame in Richtung Kaffeemaschine aufmachte. Nein, erst als ich aus der Ferne hörte, wie diese nette Dame mit der noch netteren Dame zwei Türen weiter über die neusten Gerüchte aus Europas Königshäusern diskutierte, platzte mir der Kragen.

Ich will doch nur dieses scheiß Formular unterschrieben haben“, rutschte mir heraus. Worauf ich mir einen Vortrag darüber anhören dürfte, dass ich keine Sonderbehandlung zu erwarten hätte, schließlich sei man, wie ich sehen könnte, dieser Tage nun mal sehr beschäftigt.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Wahrscheinlich hat sich der nette Kollege aus Zimmer 1 wegen genau dieser Beschäftigung in den Urlaub verzogen und Kollege aus Anlaufstelle 2 freiwillig tonnenweise Gurken gefressen.

Warum verbeamten wir nicht einfach alle Hochschul-Sekretärinnen? Warum? Na, dann hätte man wenigstens eine ganze Palette von Witzen, die man in einer solchen Situation zum Besten geben könnte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen