Donnerstag, 24. Februar 2011

Plagiate

...keine Angst, ich bins wirklich.

Darf man ja ruhig mal bezweifeln, wo doch dieser Tage alles von Raubkopien und Plagiaten spricht. Aber immerhin hat Deutschlands beliebtester Freiherr seit Baron von Münchhausen nun zugegeben, „etwas den Überblick verloren zu haben“. Nach über einer Woche. Und auch erst, nachdem der Druck zu groß wurde. Nun gut. Blöd nur: Mit der inzwischen sagenhaften Quote von 75% Seiten, die nicht gekennzeichnete Übernahmen enthalten, sollten es mit der Ausrede an der Uni übrigens nur Leute versuchen, die mir ihrem Leben schon abgeschlossen haben. Es sei denn, sie haben auch einen Adelstitel und die rhetorische Gabe, sogar Rasierschaum für Elektrorasierer verkaufen zu können. Vielleicht.

Ohnehin: Uni. Schreibt doch tatsächlich diese Woche ein Uniprofessor, die Leute sollten sich nicht so aufregen, schon gar nicht über einen nicht zitierten Zeitungsartikel, der ja ohnehin keine wissenschaftliche Qualität besitze. Das zeugt nicht nur von unglaublicher akademischer Ignoranz, sondern auch von absoluter Unwissenheit des wissenschaftlichen Systems. Denn ICH fliege irgendwie hochgradig von der Uni, wenn ich auch nur einen Bruchteil von dem klaue, bei dem Guttenberg „den Überblick verloren“ hat. Und mir würde nach so einem Betrugsversuch wohl niemand mehr eine ganze Streitmacht anvertrauen.

Aber nun gut. Was? Ich beteilige mich gerade an der Hexenjagd, auf einen armen Politiker, der doch nichts getan hat, außer ein paar Zeilchen zu klauen? Vielleicht. Aber der ein oder andere scheint dieser Tage auch vergessen zu haben, dass Politiker nicht nur Exklusivverträge mit Boulevardblättern haben, die dann Schönreden und Speichellecken. Sondern dass es auch sowas wie eine allgemeine Pressefreiheit gibt. Theoretisch. Nur mal so am Rande.

Und nein, das hat jetzt nichts mit politischer Orientierung zu tun – ich fühle mich ganz einfach als Student von so einem Verhalten persönlich angegriffen. Ganze Generationen lernen schon im ersten Semester, dass sie anständig Zitieren. Und die angeblichen Vorbilder führen genau das ignorant ad absurdum. Und die Zeitung mit den vier Buchstaben lässt sie auch noch hoch leben. Ein Hoch auf diese Glaubwürdigkeit.

Diese Folge zum Nachhören 
gibt es auf www.radioaktiv.org
Ein Gutes haben diese mangelnden Skrupel von Politikern, wenn es um offizielle Dokumente geht, aber dann doch: Vielleicht meldet sich ja noch irgendjemand, der nachweisen kann, dass der Großteil des Bolognavertrags sein geistiges Eigentum ist. Und der Prozess wird aufgrund von Copyrightfragen gestoppt.

Unrealistisch? Vor zwei Wochen dachten Sie sicher auch noch nicht, dass man mit einer komplett abgekupferten Doktorarbeit ein „summa cum laude“ bekommen kann.

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